Längst unterhalten Literaturwissenschaft und Kunstwissenschaft Forschungsdiskurse, welche die theoreti-schen und methodologischen Anregungen der Schriften Bourdieus erfolgreich aufgenommen und weiter-entwickelt haben. Bourdieu hat jedoch nie eigene Untersuchungen zur Grundlegung eines musikalischen Felds vorgelegt, während sich Äußerungen und Positionierungen zur Musik bis zu den Feinen Unterschie-den und der Theorie der Praxis unschwer auffinden lassen. Das Seminar befasst sich mit Fragen theoreti-scher Transferleistungen: Wie Anschlussfähigkeit hergestellt wird, also welche kunstsoziologisch übergrei-fenden Aspekte genutzt und welche musikspezifischen Aspekte für die Konstituierung/Ausdifferenzierung eines musikalischen Felds berücksichtigt werden müssen, dies hat in den letzten zwei Jahrzehnten dem Begriff sowohl in der Soziologie als auch in der Musikforschung deutlichere Konturen verliehen. Es werden Auszüge aus Schriften Bourdieus, eine Auswahl aus dem aktuellen Schrifttum (englisch und deutsch, so-fern möglich im französischen Original) und Schriften, die sich in den Kontext theoretisch einfügen, vorge-stellt, erarbeitet und diskutiert. Unterschiedlichste Musikarten, Produzent:innen, Interpret:innen, Rezipi-ent:innen, Musikkritik, musikwirtschaftliche und mediale Strukturen werden anhand ausgewählter Beispiele aus Gegenwart und Geschichte untersucht. Nicht zuletzt rückt auch die Rolle der Wissenschaft bei der Er-mittlung der Ordnungen von Wert und Rang selbst in den Fokus des Interesses, das bis zueiner Kunst-werksoziologie reicht. Von besonderem Interesse sind weiterhin Transferleistungen zwischen musikali-schen Feldern in Geschichte und Gegenwart. Dass je ein musikalisches Feld geprägt ist von unterschiedli-chen kulturellen, geschichtlichen und auch nationalen Traditionen, soll mithilfe externer Gäste (vorzugs-weise Studierende) und ihrer mitgebrachten Erfahrungen erörtert werden: sie werden ggf. aus anderen Ländern Europas, aus Asien, Lateinamerika u. a. zugeschaltet. Wirkungen solcher Transferleistungen kön-nen z. B. sein, dass a) durch Vermischung von Musikstilen die Bildung/Produktion neuer, innovativer Stile angeregt wird, b) ästhetisch-politische Inhalte vermittelt werden können oder c) Machtverhältnisse qua Ver-einnahmung abgebildet werden.
- Lehrende/r: Eberhard Hüppe