Emmanuel Levinas gilt als Denker einer Ethik der unbedingten Verantwortung für den anderen Menschen. Ihr Anspruch gründet auf einem an‑archischen Prinzip, in dem das Subjekt sich in der Empfänglichkeit einer radikalen Alterität konstituiert: Der Andere ist ein Appell, der das Ich von Anfang an ‒ vor jedem Anfang ‒ affiziert. An-archie bedeutet somit das Fehlen eines Ursprungs, der Mangel eines stiftenden Prinzips, die Unmöglichkeit einer Herrschaft, die in der Gewaltäußerung immer nur die eigene Ohnmacht verkündet. Das Seminar wird versuchen, die Entstehung und Entwicklung des Anarchie‑Gedankens im Werk Levinas‘ zu rekonstruieren und seine Verwendbarkeit für eine politische Theorie zu prüfen. Dafür werden noch die Stimmen zweier eminenter Levinas-Kritikerinnen ‒ Luce Irigaray und Judith Butler ‒ verlauten lassen werden und sie den Anforderungen einer Ethik eines viel zu partikularen (oft nur männlichen) Anderen entgegengestellt.
- Lehrende/r: Alessandro Iorio