Der Begriff der „Supererogation“ ist ein ethischer Fachbegriff, mit dem ein Handeln bezeichnet wird, das über die Pflicht hinausgeht. Supererogatorische Handlungen sind, grob gesagt, Handlungen, die moralisch gut, aber nicht geboten sind. Als ein paradigmatisches Beispiel für Supererogation gilt die biblische Geschichte vom guten Samariter, dessen Fürsorglichkeit die Kirchenväter einhellig als eine Hilfeleistung betrachteten, die weit über das von den Zehn Geboten Verlangte hinausgeht. Doch obwohl es nicht an Beispielen mangelt, in denen Personen in unseren Augen mehr geleistet haben als sinnvollerweise erwartet werden kann, scheint es weniger leicht zu sagen, wie wir Supererogation theoretisch genauer fassen und begründen können: Haben wir stets recht mit der Annahme, dass es sich bei moralisch herausragenden Leistungen um echte Fälle von Supererogation handelt? Und wie sind supererogatorische Handlungen zu definieren, wenn wir es nicht bei der unkontroversen Bestimmung „gut, aber nicht geboten“ belassen wollen? Wer fragt, wie gut Handlungen sein müssen, damit sie es verdienen, supererogatorisch genannt zu werden, wird sich zunächst mit der Frage beschäftigen müssen, was eine Handlung gut macht. Neben der Definitionsfrage Was ist Supererogation? ist es in der gegenwärtigen Debatte darüber hinaus umstritten, ob es Supererogation überhaupt gibt oder ob das scheinbar Supererogatorische nicht eigentlich geboten wäre. Vorausgesetzt es gibt Supererogation, ist zu diskutieren, warum supererogatorische Handlungen nicht geboten sind, obwohl sie allem Anschein nach doch eine moralisch bessere Handlungsoption zur Verfügung stellen. Philosophinnen und Philosophen, die über moralische Heldinnen und Heilige nachgedacht haben, haben sich schließlich auch mit Fragen befasst, die die Reichweite moralischer Verpflichtungen betreffen und dabei nicht zuletzt die Frage aufgeworfen, wie viel Moral eigentlich zumutbar ist.

 

Im Seminar werden Texte im Mittelpunkt stehen, die sich den genannten Fragen widmen. Der Seminarplan wird in der ersten Sitzung vorgestellt.

 

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2021/22