Donato Bramante (1444/45-1514) galt schon den Zeitgenossen als Neubegründer der Baukunst, als „Erfinder und Licht der wahren und guten Architektur“, wie es Sebastiano Serlio 1537 formulierte. 1499 war der ursprünglich aus Urbino stammende und zuvor gut 20 Jahre am Mailänder Hof tätige Künstler nach Rom gekommen; dort avancierte er unter Julius II. (1503-13) zur zentralen künstlerischen Instanz am päpstlichen Hof, die maßgeblich dazu beitrug, diesen für zweieinhalb Jahrzehnte zum führenden Innovationszentrum der Bau- und Bildkünste in Europa zu machen. Nicht erst, aber vor allem in seinen römischen Bauten schuf Bramante entscheidende Grundlagen für die Baukunst der folgenden Jahrhunderte, die direkt und indirekt weit über Rom hinaus ihre Wirkung entfalteten. Die Vorlesung setzt sich einerseits zum Ziel, die wichtigsten Bauten und Projekte Bramantes vorzustellen, etwa Santa Maria presso San Satiro in Mailand, den Cortile del Belvedere am Vatikan, den Tempietto bei San Pietro in Montorio und den Palazzo Caprini in Rom sowie vor allem den Neubau der Peterskirche. Andererseits soll ihre Analyse in das breite Spektrum architektonischer und architekturtheoretischer Diskurse der Zeit einführen, die von Bramantes Architektur entscheidende Impulse empfangen haben bzw. durch sie in besonderer Weise adressiert sind: die vielschichtigen Aspekte einer Rezeption der Antike, die ‚Erfindung‘ der Säulenordnungen, Repräsentationskultur im herzoglichen Mailand und päpstlichen Rom, technische und ökonomische Probleme des Bauens u.a.m. Insofern eignet sich die Vorlesung auch als Einstieg in eine vertiefte Auseinandersetzung mit frühneuzeitlicher Architektur überhaupt.
- Lehrende/r: Jens Niebaum