Im Mittelalter war die Geschichtsschreibung ein Metier weniger Gelehrter. Es erforderte umfassende Kenntnis von Traditionen und Vorläufern sowie den jeweils in der eigenen Zeit möglichen und angestrebten Aussage- und Wirkungsabsichten. Chroniken und andere historiographische Werke richteten sich aber nicht nur an die Regierenden, sondern zielten durchaus auf weitere „Öffentlichkeiten“, Personen, die die Texte entweder selbst lesen konnten oder denen sie vorgetragen und übersetzt wurden. Verstanden als Erzählung von Vergangenem, zielte Geschichtsschreibung auf eine Deutung der Gegenwart und Orientierung für die Zukunft. Sie folgte nicht persönlichen Erinnerungen, sondern einer geordneten Darstellung, die historische Ereignisse interpretierend berichtete, um daraus Handlungsanleitungen für die politisch Verantwortlichen abzuleiten. Im Laufe der Jahrhunderte fächerten sich unterschiedliche Gattungen von Geschichtsschreibung auf, wurden neben dem Lateinischen auch die Volkssprachen genutzt und weitete sich der Rezeptionskontext der Geschichtsschreibung aus. Nicht nur in der Kirche und an Höfen, sondern zunehmend auch in Städten wurde Historiographie geschrieben und gelesen. Die Vorlesung bietet einen Überblick über die Entwicklung der Geschichtsschreibung im gesamten Mittelalter.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2020/21