Die zweiteilige Lehrveranstaltung (VL-Seminar mit Lektürekurs) versteht sich als Einführung in Arbeitsweisen, Untersuchungsgegenstände, und Themenfelder des Faches. Was ist Kultur? Wie kann man sie erforschen? Wo liegen die Potenziale und Grenzen dieses Konzepts? Welche Probleme und Perspektiven ergeben sich bei der Klassifizierung eines empirischen Gegenstandes als Kultur? Wie hat sich der Umgang mit diesen Fragen im Fach entwickelt? Was sind aktuelle methodische, analytische, theoretische Herangehensweisen und Forschungsthemen? Wir werden im ersten Teil der Lehrveranstaltung einen Überblick zur Fachentwicklung der Volkskunde im Gefüge der anthropologischen Disziplinen seit dem 18./19. Jahrhundert erarbeiten. Dabei geht es zum einen um Eckdaten der Institutionalisierung volkskundlicher Interessen zuerst durch beschreibende Statistik und Sammlungsinitiativen, dann durch Vereine und in Museen und schließlich an Universitäten. Dabei wird auch ein wissenshistorisch und politisch erweitertes und erkenntnistheoretisch informiertes Verständnis von Wissenschaft einschließlich ihrer jeweiligen Methoden der Erhebung und Auswertung von Daten im Sinne einer historischen Wissensforschung erarbeitet, das die Vernetztheit und Bedingtheit volkskundlichen Wissens verstehbar macht. Diese Kenntnis mündet nicht in einer positivistischen Fachdefinition, vielmehr ist sie ein wichtiges Reflexionsinstrument jeder Forschungstätigkeit und eine unerlässliche Grundlage für die interdisziplinäre und internationale Sprechfähigkeit der AbsolventInnen. Im zweiten Teil der Lehrveranstaltung erarbeiten wir auf der Grundlage von empirischen Studien exemplarisch mehrere Forschungsfelder (z.B. materielle und visuelle Kultur, Museum und Sammlung). Auch hier ermöglicht ein Rückblick auf Klassiker wie auf Verworfenes und Wiederentdecktes ein historisch situiertes Fachverständnis; aktuellste Beiträge aus der internationalen Forschungsdiskussion zu jedem Themenfeld informieren über weitergehende Perspektiven. In der geforderten schriftlichen Prüfungsleistung soll nicht Vorliegendes zusammengefasst, sondern ein eigenes wissenschaftliches Interesse formuliert werden: Welches Thema interessiert mich? Wie ist der aktuelle Forschungsstand? Was sind relevante Fragestellungen, Begriffe und Ergebnisse? Wie könnten eigene Forschung, z.B.in der Masterarbeit, dazu aussehen?
- Lehrende/r: Lioba Keller-Drescher