Ende 2017 verbreitete sich in rasanter Geschwindigkeit (zunächst) im Kurznachrichtendienst Twitter ein Hashtag, der zum Chiffre für die Debatte sexueller Übergriffe weltweit wurde: #MeToo. Bis heute steht #MeToo als Leitbegriff für das Thema, hat also erhebliche soziale wie politische Kraft entwickeln können.
Die scheinbar explosionsartige Verbreitung bzw. Durchsetzung eines gesellschaftlichen Issues ist jedoch kein Einzelfall: Vergleichbare Verläufe finden sich z.B. bei der #aufschrei-Debatte aus dem Jahr 2013, der #blacklivesmatter-Bewegung aus dem Jahr 2014, der Diskussion um den von Ausschreitungen begleiteten G20-Gipfel in Hamburg im Jahr 2017, der #gamergate-Kontroverse 2014 oder dem Streit um den Hambacher Forst 2018. Es handelt sich um unterschiedliche Realisationen eines neuen Phänomens, das mit dem Begriff ‚Social Issue Emergence‘ beschrieben werden kann. Diese Phänomen vereint Eigenschaften viraler, scheinbar ungeordneter Verbreitung von Themen mit teilweiser Steuerung durch Individuen, Gruppen und Algorithmen. Anlass sind Schlüsselereignisse, die zunächst im Netz, später im ‚medialen Mainstream‘ verhandelt werden.
Im Seminar sollen zunächst die bekannten Beispiele für Social Issue Emergence diskutiert werden, sodann Theorien und Ansätze für deren Erklärung erörtert und schließlich auf aktuelle Fälle angewendet werden.
- Lehrende/r: Thorsten Quandt