Im Zuge der #metoo-Diskussionen sind Geschlechterverhältnisse – und damit auch Machtverhältnisse – in der Kreativwirtschaft in das Zentrum des politischen Interesses gerückt. Dabei changieren Thematiken und Fragestellungen zwischen einem spätkapitalistischen Neoliberalisierungsimperativ, dem auch die ‚schönen Künste‘ unterliegen, und radikaler Gesellschaftskritik durch kontrahegemoniale Positionen, die im künstlerischen Freiraum aufzublühen scheinen. Trotz ihrer vermeintlichen Freiheit unterliegt Kreativität in der Spätmoderne ökonomischen Kalkülen der Effizienzsteigerung und Vermarktungsoptimierung. Darüber hinaus bindet sich Ästhetisierung oftmals an dominante Idealvorstellungen von Schönheit, denen sexistische oder misogyne Konzepte zugrunde liegen. Letztlich lässt sich auch in der Kreativwirtschaft und der benachbarten „Kulturindustrie” (Horkheimer/Adorno) eine Spaltung zwischen Elite und Prekarisierten (Butler/Athanasiou) beobachten, die auch entlang von Geschlechternormen verläuft.

Um diesen Thesen und Fragen nachzugehen, analysiert das Begleitseminar zur Ringvorlesung die Rolle von Frauen* in der creative class – in der Kunst, im Journalismus, in der Dramaturgie, in den Musik-, Theater- oder Filmwissenschaften oder auch in der Architektur. Begleitend werden im Seminar Texte der Vortragenden ebenso diskutiert wie Theoretisierungen der Kreativwirtschaft. Ziel ist es daher, kritisch an „das Dispositiv der Kreativen” (Reckwitz et al. 2016) anzuschließen und die geschlechterpolitischen Dimensionen der Kreativwirtschaft auszuleuchten. Im Zentrum steht die Frage nach einer bestimmten Logik des Wissens, das anhand von Formen diskursiver Wahrheitsproduktion des Imaginären und kultureller Problematisierung, Instrumenten, Architekturen, Medien und Technologien sowie Subjektivierungsweisen, bestimmte Zustände, Ordnungen und Machtverhältnisse hervorbringt und organisiert.

 

Ausgewählte Literatur:

Butler, Judith (2005): Gefährdetes Leben. Politische Essays. Frankfurt a.M.

Butler, Judith/ Athanasiou, Athena (2014): Die Macht der Enteigneten. Zürich.

Horkheimer, Max/ Adorno, Theodor W. (2019 [1969]): Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente. Frankfurt a.M.

Lorey, Isabell (2012): Die Regierung der Prekären. Wien/Berlin.

Reckwitz, Andreas (2016): Kreativität und soziale Praxis. Studien zur Sozial- und Gesellschaftstheorie. Bielefeld.

 

DIE VERANSTALTUNG IST NUR ERFOLGREICH ABSOLVIERT BEI REGELMÄSSIGER TEILNAHME AN DER RINGVORLESUNG!

 

Anforderungen:

Von den Studierenden werden eine hohe Bereitschaft zur selbstständigen Lektüre englischer und deutscher Texte, eine aktive Mitarbeit im Seminar sowie eine regelmäßige Teilnahme am Begleitseminar und an der Ringvorlesung erwartet. Die Prüfungsleistung besteht in der Gestaltung und Präsentation eines Posters sowie einer schriftlichen Erarbeitung eines theoretischen Konzeptpapiers (1000 Wörter) mit Bezug auf die Fragestellung der Vorlesung. Die Anmeldung zur Prüfungsleistung erfolgt über QISPOS – und zwar einmalig für das Begleitseminar von Dr. Gebhardt.

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2020