Die Frühe Neuzeit lässt sich als eine janusköpfige Epoche beschreiben, die einerseits ‚zurück‘ ins Mittelalter weist und andererseits ‚voraus‘ in die Moderne. Sie ist mit Renaissance, wissenschaftlicher Revolution und Aufklärung eine Zeit enormer geistiger Umbrüche, in denen altvertrautes Wissen radikal und nachhaltig in Frage gestellt wurde und in der sich Formen der Wissensorganisation, des Wissensaustauschs und der Wissenspartizipation nachhaltig wandelten. Sie ist aber auch eine Zeit der Beharrung, der langen (Nach-)Wirkung altbekannter Wissensbestände, die scheinbar unbeeindruckt neben dem bahnrechenden Neuen weiterliefen.
Die Vorlesung setzt sich zum Ziel, dieses weite Feld in groben Zügen zu umreißen und in exemplarischen Tiefenbohrungen genauer vorzustellen. Hierfür wird in den ersten sechs Sitzungen ein chronologischer Überblick präsentiert, der sich mit grundsätzlichen Aspekten einer (frühneuzeitlichen) Geschichte des Wissens befasst. In diesem Rahmen soll zugleich geklärt werden, was man eigentlich unter Wissen, was unter Wissenskultur versteht und wie sich die bestehende Pluralität von Wissensfeldern und Wissenskulturen für frühneuzeitliche Gesellschaften genauer bestimmen lässt. Und schließlich ist der Frage nachzugehen, welches Gewicht und welche Effekte den Umbrüchen, aber auch den Bewahrungsstrategien des Altbekannten und schließlich der Alltäglichkeit des Wissensverlustes zuzuweisen sind.
In einem zweiten Teil der Vorlesung werden spezifische Wissensfelder vertiefend behandelt: Hier geht es um Herrschaftswissen und das Wissen der ‚einfachen‘ Leute. Es sollen zudem Techniken und Konzepte vorgestellt werden, mit denen man Wissen über die Zukunft zu erlangen meinte. Es wird um Formen des Alltagswissens gehen und exemplarisch anhand des Bereichs der Medizin die Konkurrenz zwischen verschiedenen Wissensträgern und Wissensformen diskutiert. Schließlich soll – zumindest in einem ersten Überblick – der Umgang mit ‚fremdem‘ Wissen im Zuge des globalen Wissensaustauschs betrachtet werden.
- Lehrende/r: Ulrike Ludwig