Die Alexandreis Walters von Châtillon zählt nicht nur in der Retrospektive zu den bekanntesten mittellateinischen Dichtungen überhaupt, sondern galt bereits den Zeitgenossen des 12. Jahrhunderts als herausragendes Epos, das den Vergleich mit den römischen „Klassikern“ des Genres nicht zu scheuen brauchte. In formaler, stilistischer und motivischer Anlehnung an Vorgänger wie Vergil erzählt der Text in zehn Büchern die Geschichte des Makedonenkönigs Alexanders des Großen (4. Jh. v. Chr.) und seiner Feldzüge, die ihn bis nach Indien führten. Der Stoff war im gesamten Mittelalter durch die volkssprachigen Alexanderromane ausgesprochen beliebt, wurde aber erst durch Walter in einem lateinischen Epos verarbeitet. Damit ist er auch ein herausragendes Beispiel für die Blüte lateinische Dichtung im Frankreich des 12. Jh.

In der Übung werden wir die Alexandreis in ausgewählten Passagen gemeinsam lesen. Schwerpunkte der Textarbeit sind dabei die Einübung von Übersetzungstechniken und die Spezifika metrischer Dichtung. Je nach Interesse der Teilnehmerinnen und Teilnehmer besteht auch die Möglichkeit, die Alexandreis in der mittelalterlichen Tradition des Alexanderstoffes zu kontextualisieren oder die Spezifika der Dichtung Walters durch Vergleich mit den Zeitgenossen wie Matthaeus von Vendôme oder Alain von Lille herauszuarbeiten.

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2020