Im christlichen Europa des Mittelalters sind Vorstellungen vom Ende in zweierlei Hinsicht allgegenwärtig. Einerseits betrifft das den Tod des Einzelnen, das folgende Gericht und schließlich Himmel oder Hölle als ständigen Aufenthaltsort der Seelen. Andererseits beziehen sich apokalyptische Endzeiterwartungen in der Tradition der Offenbarung des Johannes auf das Ende der gesamten Welt. In der Lehrveranstaltung wollen wir in den Blick nehmen, wie Lateinische Texte verschiedener Gattungen des Mittelalters und der Frühen Neuzeit Vorstellungen dieser „letzten Dinge“ modellieren. Dazu gehört etwa das mittelalterliche Genre der Visionsliteratur mit ihren anschaulichen Höllenbeschreibungen, aber auch Dichtungen über die dies irae, den Tag des Jüngsten Gerichts. Eine besonders im frühneuzeitlichen christlichen Epos beliebte Episode ist der descensus Christi ad inferos, der Abstieg Christi in das Reich der Toten nach seiner Kreuzigung.
In der Lehrveranstaltung werden wir exemplarische Texte zu diesen Themen lesen und übersetzen. Ein wichtiges Ziel ist die Vertiefung der Kenntnisse der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur sprachlichen Erschließung der Texte. Je nach Interessenlage besteht auch die Möglichkeit, z.B. Höllendarstellungen aus der bildenden Kunst oder eschatologische Vorstellungen jenseits der christlichen Tradition in den Blick zu nehmen.
- Lehrende/r: Lukas Reddemann