Die Kreuzzüge sind heute in politischen Debatten, in der modernen Populärkultur und im alltäglichen Sprachgebrauch präsent wie kaum ein anderer mittelalterlicher Themenkomplex. Jenseits dieser aktuellen Bezüge gestatten die in großer Zahl erhaltenen, hochmittelalterlichen Quellen zeitgenössische Einblicke und Perspektiven auf die Ereignisse vom Kreuzzugsaufruf Papst Urban II. bis zur Einnahme Jerusalems durch die Kreuzfahrer, die erst viel später als ‚Erster Kreuzzug‘ betitelt wurden.
Im Mittelpunkt der Übung stehen die gemeinsame Lektüre, Kontextualisierung und Interpretation der lateinischen Kreuzzugsberichte, die unmittelbar im Anschluss an die Ereignisse aus der Sicht abendländischer Kreuzzugsteilnehmer abgefasst wurden. In diesen ‚Augenzeugenberichten‘ versuchten die Verfasser, die Geschehnisse auf dem Weg ins Heilige Land verschiedentlich als gottgewolltes Unternehmen der lateinischen Christenheit zu inszenieren und so dem Erlebten Sinn zu verleihen. Neben diesen zeitgenössischen Narrativen und Deutungsmustern sollen in der Übung Schlüsselereignisse, etwa der Kampf um Antiochia 1097/98 und die Auffindung der Heiligen Lanze, sowie sozial- und wahrnehmungsgeschichtliche Aspekte, z.B. die Zusammensetzung der Kreuzfahrerkontingente oder die Fremdwahrnehmung der muslimischen Gegner, zur Sprache kommen.
In der Übung werden wir zweisprachige Quellenausgaben nutzen; grundlegende Lateinkenntnisse sind wünschenswert. Da sowohl Übersetzungen als auch Forschungsbeiträge vielfach in englischer Sprache vorliegen, werden zudem funktionale Englischkenntnisse vorausgesetzt.
- Lehrende/r: Theresa Rudolph