Das römische Kaisertum kannte keine festgelegten (z.B. dynastischen) Kriterien für die Qualifizierung einer Person zum Kaiser. Die Stellung des Princeps begründete sich vielmehr in der Vorstellung persönlicher Autorität, die – freilich auf der Grundlage materiell, politisch, militärisch begründeter Macht – die Loyalität der entscheidenden Instanzen der römischen Reichsöffentlichkeit sicherstellte. Diese Autorität musste sich jeder Thronprätendent zunächst erwerben; zudem hing ihre Reichweite von den Kommunikationsbedingungen innerhalb des Reiches, von lokalen politischen Verhältnissen, militärischen Rahmenbedingungen und zahlreichen weiteren Faktoren ab. Wie angreifbar, weil prinzipiell bestreitbar, die Autorität der Kaiser war, zeigt sich vom 1. Jh. n. Chr. an bis in die Spätantike immer wieder an den Versuchen konkurrierender Prätendenten, sich gegen die (in der Retrospektive) ‚offiziellen‘ Kaiser als imperiale Machthaber zu etablieren. Neben zahlreichen mehr oder weniger rasch scheiternden Usurpationen des Kaisertums (von denen antike Autoren verstärkt im Zusammenhang mit der Thronfolge oder mit Katastrophen berichten) konnten sich wiederholt auch über Jahrzehnte hin mehr oder weniger unabhängige, regional begrenzte Machtbereiche von Gegenkaisern etablieren.

Der Blick auf Ursachen, Anlässe und Verläufe von Usurpationen sowie auf die (erfolglosen) Strategien zur politischen, ideologischen, militärischen Machtetablierung scheiternder Thronprätendenten erlaubt es, wesentliche Rahmenbedingungen kaiserlicher Macht in verschiedenen Phasen der römischen Kaiserzeit besser zu verstehen. Im Hauptseminar werden zunächst grundlegende Quellen und Texte zur Erforschung der Usurpation kaiserlicher Macht gemeinsam gelesen und diskutiert. Bis zur Semestermitte entwickeln Arbeitsgruppen ein gemeinsames Programm zur Erforschung je eines Fallbeispiels aus der Zeit zwischen dem ersten und dem fünften Jh. n. Chr. In verschiedenen Teilstudien (Seminararbeit) sollen die Gruppenmitglieder verschiedene Aspekte des Fallbeispiels vor dem Hintergrund einer gemeinsamen übergeordneten Fragestellung beleuchten. Das Programm dieser Teamarbeit wird in der zweiten Semesterhälfte jeweils in Referatsform zur Diskussion gestellt.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WT 2019/20