Thematisierungen des Islams in der westlichen Welt stehen seit geraumer Zeit, spätestens aber seit Edward Saids Buch 'Orientalismus' (1978), unter dem Verdacht, über die Konstruktion der orientalen Anderen kolo-niale Machtinteressen legitimiert und dadurch das als rational und zivilisiert gesetzte eigene Selbstbild kon-struiert zu haben. Dieser anfängliche Impuls zu einer postkolonialen Kritik moderner Sozial- und Geistes-wissenschaften wirkte in späteren Ansätzen fort, die diese zunächst literaturwissenschaftlich motivierte Kritik in einer Anthropologie der säkularen Moderne und ihrer Wissenschaften weit elaborierter fortsetzten (z.B. Talal Asad). Anders als dieser von Said hervorgehenden hegemonisch gewordene Strang, der primär auf Enthüllung und Skandalisierung von Machtbeziehungen hinausläuft, befasst sich Georg Stauth mit dem viel intimeren Zusammenhang zwischen Fremderkenntnis und Selbsterkenntnis, über den er das moderne Kulturbewusstsein im Westen expliziert. Wir werden uns entlang der Studien von Stauth mit den jeweiligen Konzeptionen von Islam in der modernen europäischen Geistesgeschichte befassen, wobei die Frage im Zentrum stehen wird, in welche Problemla-gen die Beschäftigung mit dem Islam jeweils eingebettet war. Somit werden wir die Chance haben, ein weit-aus vielfältigeres Bild zu bekommen, als dass die gegenwärtig politisch überhitzte Forschung zu westlichen Islambildern unter dem voreilig verallgemeinerten Stichwort 'Islamfeindlichkeit' vermittelt.
- Lehrende/r: Levent Tezcan