Prima facie gibt es viele Gründe, gegenüber Religion und Religiosität eine kritische Haltung einzunehmen. Man denke an die zahlreichen kriegerischen, unterdrückenden und kolonialisierenden Akte, die im Verlauf der Geschichte vielfach mit Verweis auf religiöse Zielsetzungen gerechtfertigt wurden, man denke an den kirchlichen (Amts-)Missbrauch auf verschiedenen Ebenen, dessen erschreckendes Ausmaß insbesondere in den letzten Jahren sichtbar geworden ist, man denke schließlich an das intolerante, diskriminierende und entrechtende Gebaren, das Vertreter vieler Religionen gegenüber Andersgläubigen zeigen.
Aber richten sich diese allzu berechtigten kritischen Anfragen tatsächlich gegen Religion und Religiosität? Richten sie sich nicht vielmehr gegen das Verhalten von Institutionen oder Personen, die nur für sich in Anspruch nehmen, im Sinne einer Religion zu handeln? Um solche Fragen sinnvoll diskutieren zu können, muss man zunächst einmal wissen, was Religion eigentlich ist. Die Klärung dieser Frage ist der primäre Gegenstand der Religionsphilosophie. Einige aktuelle Fragen dieser philosophischen Disziplin werden im Seminar anhand ausgewählter Texte studiert und diskutiert.
Zunächst werden wir uns damit beschäftigen, ob man überhaupt sinnvoll im Singular von der Religion sprechen kann. Vielleicht gibt es nur eine Pluralität von Religionen, die untereinander so stark divergieren, dass gar nichts Gemeinsames bleibt, was als das Phänomen der Religion oder des Religiösen gelten könnte. Geht man dagegen davon aus, dass die Religion ein einheitliches Phänomen ist, so stellt sich die weiterführende Frage, mit welchen Bedingungen man dieses Phänomen charakterisieren oder gar einen Religionsbegriff definieren kann. Weiterhin werden wir diskutieren, inwieweit Erkenntnisse religiöser Wahrheiten möglich sind. Gibt es Erkenntnisquellen (traditionell vorgeschlagen wurden Offenbarung und religiöse Erfahrung), die epistemische Gründe liefern, die wahre Religion zu erkennen? Oder gibt es stattdessen vielmehr epistemische Gründe dafür, eine skeptische Haltung gegenüber religiösen Überzeugungen einzunehmen? Schließlich werden wir uns der Frage nach Gott zuwenden. Wir werden diskutieren, ob es rationale Gründe dafür gibt, (a) von der Einzigkeit Gottes auszugehen (die These des Monotheismus) und (b) Gott als vollkommenes Wesen anzusehen. Die zweite Frage ist brisant, weil man mit guten Gründen bezweifeln kann, dass die Gott häufig zugeschriebenen Prädikate (allmächtig, allwissend, allgütig) überhaupt eine verständliche Bedeutung haben.
- Lehrende/r: Martin Hoffmann
- Lehrende/r: Felicia Maria Klinger