Die historische Psychiatrieforschung hat den systematischen Umgang speziell mit visuellen Quellen lange vernachlässigt. Dieses Defizit kontrastiert auffällig einmal mit der enorm gewachsenen Bedeutung von Fotos, Filmen und „Bildwelten“ im Zeichen der Digitalisierung und Neuen Medien. Sie springt ferner ins Auge, wenn man bedenkt, dass die fortschreitende „Visualisierung“ unserer zunehmend global geprägten Kultur auch das psychiatrische Problem- und Handlungsfeld keineswegs unberührt gelassen hat. Im Gegenteil: Derzeit wird weltweit nicht nur ein drastischer Anstieg der Belastung von Gesellschaften durch geistig-seelische Erkrankungen diagnostiziert. Ihre Wahrnehmung und Darstellung im Medium Film und Foto hat ebenfalls an Breite gewonnen – gefördert auch durch Tendenzen einer stärkeren Enttabuisierung des Themas im öffentlichen Raum.

 

Welches Bild von Psychiatrie, seelisch Kranken und psychiatrischen Kliniken Filme und Fotografien zeigten und zeigen, wie in ihnen gesellschaftliche „Normalität“ und „Anderssein“ visuell repräsentiert wurden, welche kulturellen Leitbilder und fachlichen Reformideen sich in ihnen spiegelten, mit welchen Stilmitteln sie arbeiteten und welchen Erkenntniswert solche visuellen Quellen überhaupt für Historikerinnen und Historiker heute haben können, möchte diese Übung an ausgewählten Beispielen herausarbeiten. Ziel ist einmal, den Umgang mit Film und Foto als Quelle zu erlernen. Ferner geht es auch um ein besseres Verständnis der historischen und aktuellen Besonderheiten im Handlungsfeld der „mental health care“.

 

Im Zentrum der Veranstaltung steht historisches Film- und Fotomaterial, ergänzt um aktuelle Formate der visuellen Auseinandersetzung mit seelischen Handicaps.

 

Arbeitstechnisch soll sich in jeder Sitzung ein einführendes Überblicks-/Kurzreferat mit der Präsentation und Diskussion exemplarischer visueller Quellen verbinden. Eine benotete Leistung kann durch einen Essay erworben werden. Die Veranstaltung wird über „Learnweb“ online begleitet.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2019/20