In aktuelleren Überlegungen zur Gewalt (und Erklärbarkeit von Gewaltphänomenen) gilt vor allem die alltagsplausible Vorstellung, dass Handeln zwingend durch Pläne und Erwartungen von Teil-nehmern an entsprechenden Praktiken bestimmt ist, als negative Abgrenzungsfolie. Nicht nur scheinen die »eigendynamischen« Anteile vieler Gewaltformen (Täter wissen oft selbst nicht, wa-rum sie dies oder jenes getan haben) oder auch der Aspekt des (Er-)Leidens andere theoretische Vorgaben zum Handeln nahezulegen. Es ist zudem der Modus der kausalen Erklärung selbst, der den Takt vorzugeben scheint, in den dann die Idee, dass Personen kognitiv verankerte Zweckorien-tierungen über eine allgemeine Entscheidungskompetenz »in die Tat« umsetzen, einrastet. Das einführende Seminar setzt sich im Kern mit den Implikationen dieser zwei Seiten einer Proble-matisierung auseinander. Dabei geht es nicht nur um unterschiedliche Gewaltbegriffe, die unter-schiedliche Ausstattungsmerkmale für das Handeln veranschlagen. Es geht auch um so etwas wie eine »Theorie« der Gewaltforschung, des Erkundens von Gewalt als sujet einer erneuerten Kritik einer allzu forschen Übertragung von physikalisch-mechanistischen Vorstellungen auf konkrete Kontexte des Handelns. So wird der sozioologische Forschungsbereich »Gewalt« sowohl hand-lungstheoretisch als auch methodologisch erschlossen.

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2019