Das Seminar fokussiert zwei Grundfragen öffentlicher Kommunikation: (1) Welche Themen und Probleme erhalten die Aufmerksamkeit der Medien, sodass sie in der Gesellschaft über den Kreis der direkt Betroffenen hinaus bekannt gemacht werden? (2) Wie werden diese Themen dann im medialen Diskurs verhandelt: Welche Akteure haben Zugang zum Diskurs? Welche inhaltlichen Schwerpunkte werden gesetzt?
Besonderes Augenmerk soll bei der Untersuchung dieser Fragen der Prozess-Perspektive und der Dynamik von Prozessen gelten – ob „explosiv” oder träge. Zum Beispiel lässt sich immer wieder das Muster beobachten, dass die mediale Berichterstattung über Probleme in der Gesellschaft erst mit einiger Verzögerung einsetzt, dann aber umso intensiver und nachhaltiger, wie im Spätsommer 2015 im Zusammenhang mit der sog. Flüchtlingskrise. Im Gegensatz dazu können sich Nachrichten über bestimmte einschneidende Ereignisse aber auch unmittelbar wie das sprichwörtliche Lauffeuer verbreiten, wie wir in den vergangenen Jahren vermehrt an der Berichterstattung über (vermeintliche) Terror-Anschläge beobachten konnten.
Die zweite Leitfrage des Seminars leitet sich aus der Veränderung der Strukturen und Prozesse von Kommunikation in der Netzwerköffentlichkeit im Vergleich zur klassischen massenmedialen Öffentlichkeit ab: Inwiefern zeigen sich veränderte, neue Dynamiken öffentlicher Thematisierungsprozesse? Auf Social-Media-Plattformen wie Twitter können sich von einem Problem Betroffene zum Beispiel mehr oder weniger spontan unter dem thematischen Dach eines Hashtags zusammenschließen. Unter bestimmten Umständen kann die so generierte Aufmerksamkeit als Auslöser massenmedialer Berichterstattung wirksam werden, wie zum Beisopiel in bestimmten Phasen der #MeToo-Debatte. Dagegen stellen Falschmeldungen auf Social Media im Nachgang von Gewaltverbrechen Öffentlichkeit und Sicherheitsbehörden vor neue Herausforderungen.
Im Seminar werden wir die diesen Phänomenen zugrunde liegenden Prozesse und Strukturen theoretisch aufarbeiten und anhand wissenschaftlich untersuchter Fallbeispiele betrachten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer können wählen, ob sie als Prüfungsleistung einen bestimmten Aspekt des Themas in einer Hausarbeit vertiefen wollen, oder ob sie sich zu einem Überblick der Seminar-Themen mündlich prüfen lassen möchten.
- Lehrende/r: Florian Hansjörg Buhl