Um freiwillige und pflichtige Aufgaben im Sinne der kommunalen Selbstverwaltung erfüllen zu können, benötigen Kommunen Partner. Der lokalen Zivilgesellschaft mit ihren vielfältigen Ausprägungen kommt hier eine besondere Rolle zu: Wohlfahrtsverbände wie Caritas oder AWO agieren z.B. in der Kinder- und Jugendhilfe als zentrale Dienstleistungserbringer. Zivilgesellschaftliche Initiativen, wie z.B. Flüchtlingsinitiativen nach dem Geflüchtetenzustrom 2015, sind wertvolle Integrationsbeförderer für Kommunen.

Der Begriff „Partner“ impliziert bereits, dass es um Zusammenarbeit im Sinne eines gemeinsamen Gestaltens des Zusammenlebens vor Ort geht und nicht bloß um ein einseitiges Ausführen von Aufgaben. In lokalen Politikfeldern gibt es hierfür unterschiedliche Strukturen (Formate formaler und informeller Netzwerkarbeit). Doch wie genau funktioniert Zusammenarbeit zwischen Kommunalverwaltung und lokaler Zivilgesellschaft? Sind die Rollen jeweils klar verteilt und ist eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe möglich?

Im Rahmen des Seminars wollen wir eine Governance-Perspektive einnehmen und in einem ersten Schritt am Beispiel ausgewählter lokaler Politikfelder der Frage nachgehen, in welchen Formaten Zusammenarbeit zwischen Kommunalverwaltung und lokaler Zivilgesellschaft stattfindet und welche Merkmale den Prozess der Zusammenarbeit prägen (Ziele, Regeln, Haltung).

In einem zweiten Schritt wollen wir dann beleuchten, welche Chancen und Herausforderungen mit lokaler Governance für die einzelnen Akteure verbunden sind und mögliche Lösungsansätze entwickeln. Unsere Befunde werden wir dann mit Praktikern aus Münster und Umgebung diskutieren.

In einem dritten Schritt wollen wir das „Alltagsgeschäft lokaler Zusammenarbeit“ hinter uns lassen und Beispiele von Zusammenarbeit zwischen Kommune und lokaler Zivilgesellschaft kennenlernen, die „komplexe kommunale Problemlagen“ adressieren. Dabei wollen wir der Frage nachgehen, inwiefern sich diese ganzheitlichen Modelle der Zusammenarbeit in andere kommunale Kontexte übertragen lassen (Transfer- und Skalierungspotential).

 

 

Aufbau und Termine des BA-Seminars

Das Seminar gliedert sich gemäß seiner inhaltlichen Ausrichtung in drei Seminarblöcke.

 

10-12 Uhr

Vorbesprechung

Vorstellung Seminar / Vergabe der Arbeitsaufträge / Organisatorisches

9-18 Uhr

 

Seminarblock I

Erarbeitung der Grundlagen: Wie arbeitet eine Kommune? Wer ist die lokale Zivilgesellschaft? Welche formalen und informellen Formate der Zusammenarbeit existieren? Welchen Mehrwert hat der Lokal-Governance-Ansatz?  

9-18 Uhr

Seminarblock II

Identifizieren von Chancen und Herausforderungen lokaler Governance in Theorie und Praxis. Diskussion der Befunde mit Praktikern

9-18 Uhr

Seminarblock III

Kennenlernen und Bewerten von Guten Beispielen der Zusammenarbeit jenseits des „kommunalen Alltagsgeschäfts“

 

Teilnehmer:                         das Seminar ist auf 20 TN beschränkt

 

Studienleistung:                  Das Seminar verzichtet auf Referate und setzt auf einen Mix aus Lehrgespräch, Gruppenarbeiten sowie Gesprächen mit lokalen Praktikern. Vorausgesetzt wird die inhaltliche Vorbereitung der Seminarsitzungen: Lesen der Referenzliteratur (!)

 

Prüfungsleistung:                Hausarbeit nach Maßgabe der Prüfungsordnung

 

Ziel des Seminars – Das ist Ihr Mehrwert nach erfolgreicher Teilnahme:

-          Sie kennen die Grundlagen der Zusammenarbeit zwischen Kommune und Zivilgesellschaft (Aufgaben der Kommunen, Funktionen lokaler Zivilgesellschaft).

-          Sie können den „Local-Governance-Ansatz“ erklären und wissen, wie er sich als Analyseheuristik einsetzen lässt, um die Zusammenarbeit zwischen administrativen und zivilgesellschaftlichen Akteuren zu untersuchen.

-          Sie kennen ausgewählte Herausforderungen in der Zusammenarbeit zwischen Kommune und lokaler Zivilgesellschaft und Lösungsansätze, diese zu bewältigen.

-          Sie kennen gute Beispiele der Zusammenarbeit zwischen Kommune und Zivilgesellschaft zur Lösung komplexer kommunaler Problemlagen und Kriterien nach denen sich ihr Transfer- und Skalierungspotential bewerten lässt.

 

Dr. Andrea Walter ist Politikwissenschaftlerin und arbeitet aus wissenschaftlicher und praktischer Perspektive zur Zusammenarbeit zwischen Kommunen und Zivilgesellschaft. Sie hat 2014 an der Graduate School of Politics mit einer Arbeit zu Administrativer Governance promoviert. Forschungsaufenthalte führten sie an Universitäten nach Stockholm, Washington D.C und Wien. Sie war von 2012-2016 am Lehrstuhl für Deutsche und Europäische Sozialpolitik an der WWU Münster tätig und arbeitete dort als Wissenschaftliche Mitarbeiterin in verschiedenen EU-Forschungsprojekten (u.a. zu Sozialen Innovationen und Public Governance). Seit Herbst 2016 ist sie als Projektmanagerin bei der Bertelsmann Stiftung beschäftigt und arbeitet hier daran mit, Instrumente und Modelle zu entwickeln, die Praktikern aus Kommunen und Zivilgesellschaft bei ihrer (Zusammen-)Arbeit helfen.

Einschlägige Publikationen: Administrative Governance, SpringerVS: Wiesbaden, 2017, Civil Society and Innovative Public Administration, Nomos: Baden-Baden 2015 (gemeinsam mit Matthias Freise und Friedrich Paulsen)

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2018/19