Viel körperliche Nähe beim Trampolinturnen
Im Rahmen unserer Kampagne "Total unsportlich", mit der wir auf Rassismus, Sexismus, sexualisierte Gewalt, Homophobie und Transfeindlichkeit im Sport aufmerksam machen möchten, tauschen wir uns jeden Monat mit Übungsleitenden aus verschiedenen Sportarten über die Thematik aus. Unser "Kampagnen-Gesicht" im Monat April ist Yacine vom Trampolinturnen. Yacine hat uns von seinen Beweggründen erzählt, an der Kampagne teilzunehmen, und berichtet, wie der Sport seine Jugend geprägt hat.
Für Übungsleitende und Teilnehmende ist Sport im Idealfall ein geschützter Raum, in dem man lernen, lachen und sich anderen anvertrauen kann. Das vielen jungen Menschen zu ermöglichen, ist einer der Gründe, weshalb Yacine sich beim Hochschulsport engagiert: "Seit meinem 5. Lebensjahr bin ich im organisierten Sport aktiv. Er hat mich bislang in allen Lebensphasen begleitet, mich geformt und mir vieles mitgegeben, was ich heute an mir schätze. Besonders wichtig für mich war der geschützte Raum, der mir dort geboten wurde. Damit möglichst alle Sportlerinnen und Sportler solch eine unbeschwerte und wertvolle Zeit erleben können, ist es unerlässlich, diesen zu verteidigen und sich klar gegen sexualisierte Gewalt zu positionieren."
Sport sei vor allem ein Ort des Vertrauens, findet Yacine. Es gebe jedoch immer wieder Menschen, die diesen Vertrauensvorschuss ausnutzten und Grenzen überschritten: "Dies kann im klassischen Fall bei einer Hilfestellung passieren, aber auch in der Umkleidekabine unter den Sporttreibenden selbst, sowie auf sprachlicher Ebene".
Auch in seiner Sportart gebe es regelmäßig Situationen, in denen absolutes Vertrauen gefordert sei, da persönlich empfundene Grenzen überschritten werden: "Wenn jemand einen komplizierten Salto lernt, die Übungsleitung dabei auf dem Rand des Trampolins steht, um im Notfall zu verhindern, dass die Person auf dem Kopf landet, ist nicht gewährleistet, dass die Hand bei der Hilfestellung ausschließlich am Oberarm und am Rücken landet", erläutert Yacine. Solche Situationen können bereits zwischen den Übungsleitenden und Teilnehmenden im Vorfeld der Hilfestellung thematisiert werden: "Wir sprechen unser geplantes Vorgehen mit den Sportlerinnen und Sportlern ab, bevor es zum Körperkontakt kommen kann. Ist jemand nicht einverstanden, so suchen wir nach einem anderen Weg oder zeigen im Zweifel, wie man durch eine alternative Übungsvariante noch etwas dazulernen kann."
Wichtig sei es darüber hinaus vor allem, allgemeine Konzepte zu entwickeln, die unabhängig von den Übungsleitenden ein Bewusstsein für die Problematik schaffen: "Für alle sollte klar sein, dass es in Ordnung ist, 'nein' zu sagen. Alle müssen dies zu jedem Zeitpunkt akzeptieren. Teilnehmende wissen dies in der Regel erst dann, wenn ihnen dieses Recht eindeutig zugestanden wurde. Die Angebote der AG ‚Prävention sexualisierter Gewalt‘ sind, denke ich, ein guter Anfang, um ein Bewusstsein für das Thema zu schaffen", so Yacine. "Prävention sexualisierter Gewalt funktioniert nur dann wirksam, wenn eine Kultur des Hinsehens und der Beteiligung geschaffen wird. Wir alle sind mit dafür verantwortlich, dass Übergriffe jeglicher Art unterbunden werden."
Wir bedanken uns bei Yacine für das interessante Gespräch und seinen Einsatz für die Kampagne.