Einführungen in die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts
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RUHRBESETZUNG

(ml) Als die alliierte Reparationskommission Ende Dezember 1922 einen geringfügigen Lieferrückstand bezüglich der deutschen Reparationslieferungen von Kohle und Holz feststellte, wertete sie dies (gegen die Stimme des englischen Delegierten) als vorsätzlichen Bruch der Reparationsverpflichtungen und entsandte eine Ingenieurskommission in das Ruhrgebiet, die die Einhaltung der Reparationsvorschriften sicherstellen sollte. Zum "Schutz" dieser Kommission marschierten im Januar 1923 rund 60.000 französische und belgische Soldaten in das Ruhrgebiet ein und verhängten den Ausnahmezustand. Der französischen Ministerpräsident Poincaré versuchte auf diese Weise auch, den Versailler Vertrag zu revidieren und die deutsche Westgrenze an den Rhein zu verschieben und so nachträglich eine dauerhafte Schwächung Deutschlands zu erreichen.

In Deutschland führte der Einmarsch zu parteiübergreifender Entrüstung. Reichskanzler Cuno rief die Bevölkerung zu passivem Widerstand auf und verbot den Beamten, Befehle der Besatzer auszuführen. Diese wiesen im Gegenzug fast 150.000 Menschen aus dem Ruhrgebiet aus und begegneten dem sich formierenden aktiven Widerstand (Sabotageakte, Sprengstoffanschläge) mit harten Gegenmaßnahmen.

Die wirtschaftliche Absperrung des Ruhrgebiets, Streiks und Produktionsausfälle trafen die deutsche Wirtschaft und die Reichsfinanzen schwer. Die Inflation entwickelte sich zur Hyperinflation bisher ungekannten Ausmaßes und auch die Ernährungslage verschlechterte sich in unvorstellbarem Maße. Dies führte im September 1923 dazu, dass die neue Reichsregierung unter Gustav Stresemann den passiven Widerstand aufgab.

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