Einführungen in die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts | ||
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BEGRENZTE RESSOURCEN - DAS "LIMITED GOOD"-KONZEPT
(af/gf) Das Konzept des Limited Good ( Foster, Society)
weist der bäuerlichen Gesellschaft ein Weltbild zu, das von einer
Summenkonstanz der materiellen (z.B. Geld, Land) und immateriellen (z.B.
Freundschaft, Ehre) Güter ausgeht. Die Umwelt wie die zu erarbeitenden
Güter werden als begrenzt verstanden. Vermehrung oder Wachstum des Einen
müssen dem Modell zufolge zu Knappheit oder Verarmung des Anderen
führen. Dieses Wahrnehmungsmuster eines Nullsummenspieles ist für die
Interpretation von Formen des sozialen Zusammenlebens in der Vormoderne
häufig eingesetzt worden. Der Erwerb von Reichtum über die eigene
Bedarfsdeckung hinaus war dem Verdacht sozialer Schädlichkeit ausgesetzt
und wurde dementsprechend sanktioniert. Andererseits wurde ein
Beschneiden der für die Subsistenz wichtigen Güter in der Frühneuzeit
als Verletzung der „Hausnotdurft“ gesellschaftlich verurteilt und somit
durch diese Norm ein Schutz vor Armut geschaffen. Durch eine Steigerung
der Dienst- und Abgabenpflicht in ihrer Subsistenz gefährdete Bauern
konnten z.B. in einen für sie durch die Norm der „Hausnotdurft“
rechtlich legitimierten Widerstand gegen ihre Herrschaft eintreten.
Im Gegensatz zur historischen Forschung besteht in der neueren
Entwicklungsökonomie mittlerweile ein Konsens, dass vormoderne Bauern
auf Marktimpulse mit einer Steigerung ihrer Produktion reagierten und
dass die Institutionen traditioneller Agrargesellschaften auch in Zeiten
der Modernisierung anpassungs- und funktionsfähig waren und sind. Dies
wird mit der Fähigkeit bäuerlicher Gemeinschaften erklärt, egoistisches
(„Schwarzfahrer“-)Verhalten zu überwachen und auf diese Weise
Markttransaktionen überhaupt zu ermöglichen (
Hayami, Community;
Kopsidis/Fertig, Agrarwachstum).
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