Einführungen in die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts | ||
|
zurück | Glossarverzeichnis |
MAX VON PETTENKOFER
(tl) Max von Pettenkofer wurde 1818 geboren. 1843 promovierte er zum Doktor der Medizin, beschäftigte sich aber schon zu dieser Zeit in erster Linie mit Fragen der Chemie. Während einer ersten Labortätigkeit gelang ihm der Nachweis von Gallensäure im Urin (bekannt geworden als Pettenkofer-Reaktion) sowie die Entdeckung des Kreatinins als Endprodukt des Muskelstoffwechsels. Auch in der daran anschließenden Zeit als Professor und Hofapotheker in München machte er zunächst durch verschiedenartige bedeutende Ergebnisse seiner Forschung auf sich aufmerksam (unter anderem erfand er eine Respirationskammer für Stoffwechseluntersuchungen und stellte Untersuchungen über Firnissveränderungen bei Gemälden der Pinakothek an).
Später spezialisierte er sich dann mehr und mehr auf Fragen der Kanalisation, Ventilation, Heizung, Kleidung und Wohnung und legte auf diese Weise den Grundstein für das Fachgebiet der Hygiene (eine damals von ihm begründete wissenschaftliche Zeitschrift besteht noch heute). 1865 wurde er auf den ersten deutschen Lehrstuhl für Hygiene berufen und erlangte in den folgenden Jahren im In- und Ausland eine Reputation als führender Hygieniker (seine Hauptwerke »Boden und Grundwasser in ihrer Beziehung zu Cholera und Typhus« und »Über den Werth der Gesundheit für eine Stadt« erschienen 1869 und 1873). Zudem war er langjähriger Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Pettenkofers besonderes Interesse galt den Ursachen der Cholera. Er glaubte, dass Ausdünstungen von Boden und Grundwasser für die Epidemien verantwortlich waren, war also Anhänger der Miasma-Theorie. Als Folge seiner Forschungen erhielt München eine für die damalige Zeit herausragende Kanalisation. Dann aber entdeckte Robert Koch 1883 den Cholera-Bazillus und begründete damit die Bakteriologie. Pettenkofer lehnte dessen Theorien ab und hielt an den Erkenntnissen seiner eigenen Forschung fest (angeblich soll er sogar einen Becher mit Cholera verseuchter Bouillon getrunken haben, um zu zeigen, dass die Krankheit nicht durch Bakterien übertragen wird). Dadurch geriet er mehr und mehr ins wissenschaftliche Abseits. Nachdem zusätzlich drei seiner fünf Kinder und seine Frau gestorben waren, nahm sich Pettenkofer 1901 vereinsamt und von Depressionen befallen mit 83 Jahren das Leben.
zurück | Glossarverzeichnis |
© 2004 by Ulrich Pfister/Georg Fertig • mail: wisoge@uni-muenster.de |