MICHAEL DREWNIOK, Die Organisation der Lebensmittelversorgung in Novara im Spiegel der Kommunalstatuten des 13. Jahrhunderts, in: Kommunales Schriftgut in Oberitalien. Formen, Funktionen, Überlieferung, hg. v. Hagen Keller und Thomas Behrmann (Münstersche Mittelalter-Schriften Bd. 68) München 1995, S. 189-215.
Der Beitrag versucht, an einem zentralen Punkt der kommunalen Politik, der Lebensmittelversorgung, die Dichte von statutarischen Regelungen und schriftlichen Kontrollmaßnahmen aufzuzeigen. Das gewählte Beispiel Novara wird durch ergänzende Beobachtungen aus anderen Kommunen in einen weiteren Rahmen gestellt.
Die in Novara getroffenen Maßnahmen reichten von der Erfassung zu erwartender Ernteerträge und vorhandener Viehbestände bis zur Überwachung des Transports aus dem Contado in die Stadt und schließlich des Verkaufs der Lebensmittel auf dem dortigen Markt. Die 133 überlieferten Bestimmungen machen fast ein Drittel der im Statutencodex von 1276-1291, der einzigen aus dem 13. Jahrhundert überlieferten Rechtssammlung, enthaltenen 'Paragraphen' aus.
Doch umfangreich und detailliert war nicht nur das entstandene Regelwerk. Auch die Umsetzung der Statuten im alltäglichen Leben wurde von der Kommune sehr energisch verfolgt. Dazu waren umfangreiche, ebenfalls auf schriftlicher Basis gründende Kontrollen, darunter quantitative Vergleiche der Lebensmittelein- und ausfuhren, denen sich die Bevölkerung in Stadt und Contado Novara zu beugen hatte. Auch die Verantwortlichen für diese Bereiche der Verwaltung bzw. ihre Verwalter sollten Abschriften von Einzelstatuten mit sich führen, um dem Statutarrecht dort, wo es nötig schien, Geltung zu verschaffen. Gleichzeitig wurden diese Personen regelmäßig selbst überwacht und mußten nicht selten den prüfenden Kommissionen die 'Akten' vorlegen, die sie im Rahmen ihrer Tätigkeiten zu führen hatten.
Bis zum Anfang des 14. Jahrhunderts hatte es die Führung Novaras gelernt, die städtische Versorgung mit Hilfe der Statuten zu organisieren. Die wachsende Erfahrung, einmal niedergeschriebene Gesetze den jeweiligen Erfordernissen anzupassen, belegen zahlreiche Zusatzbestimmungen, die bestehende Vorschriften präzisieren, neu formulieren oder aufheben. Dabei wird auch im Detail immer wieder der Wille zu einer vollständigen Dokumentation von Daten und Sachverhalten deutlich.