Vertrauensforschung bietet der Kommunikationswissenschaft viele Fragen

Interdisziplinäre Pre-Conference des Graduiertenkollegs "Vertrauen und Kommunikation in einer digitalisierten Welt" führt Experten zum Thema Vertrauen und Misstrauen in Medien zusammen

Mit vielfältigen Beiträgen haben sich Wissenschaftler aus Deutschland und der Schweiz an der Pre-Conference des Graduiertenkollegs zur kommunikationswissenschaftlichen Vertrauensforschung in einer digitalisierten Welt am 9. Mai beteiligt. Besonders stark vertreten waren hierbei Wissenschaftler*innen aus der Journalismusforschung und – angesichts aktueller Debatten um Fake News und Lügenpresse – viele Forschungsfragen nach der Glaubwürdigkeit der Medien.

Der Sprecher des Graduiertenkollegs Prof. Dr. Bernd Blöbaum betonte in seiner Begrüßung, dass das Thema Vertrauen traditionell eher ein randständiges Thema in der deutschen Kommunikationswissenschaft sei. Seit einigen Jahren habe das Fach allerdings „Vertrauen als wissenschaftliches Problem erkannt“ und zum Objekt kritischer Betrachtung gemacht.

Eine kritisch hinterfragende Haltung gegenüber der Forschung zu Medienvertrauen zeigte insbesondere Prof. Dr. Michael Meyen von der LMU München in seiner Keynote. Er stellte in einer – wie er formulierte – Generalkritik, die Frage nach der Legitimität der medienbezogenen Vertrauensforschung. Insbesondere forderte er die Anwesenden mit der These heraus, dass Vertrauen keine relevante Kategorie sei, um die Leistung des Journalismus zu bewerten. Zur Begründung argumentierte er, dass die Frage nach dem Vertrauen in den Journalismus prinzipiell nach dem Zustand der Demokratie frage. Statt der Frage nach Medienvertrauen, sei fundamentaler zu adressieren, inwiefern Machtverhältnisse in der Medienproduktion zu Medienrealitäten beitrügen.

Auf die Keynote folgten drei Panels. Das Panel 1 „Vertrauen in Medien und Journalismus“ thematisierte und diskutierte die Glaubwürdigkeit des Journalismus sowie die Rolle von Medienkritik und Risiko bei der Rezeption von Medieninhalten. Panel 2 „Vertrauen analysieren und messen“ bot am Beispiel von Vertrauen in die Wissenschaft, in Organisationen sowie in die Medien konzeptionelle und methodische Beiträge zu Ebenen, Operationalisierungen und Messungen von Vertrauen. In Panel 3: „Vertrauen und Digitalisierung aus NutzerInnenperspektive“ ging es um neue Forschungsperspektiven durch neue Technologien, die das Vertrauen von Nutzer*innen in digitalisierten Welten herausfordern. In den Vorträgen und Diskussionen wurde deutlich, dass die Vertrauensforschung ein interdisziplinäres Feld ist und Forschungsergebnisse anderer Disziplinen, z.B. aus der Psychologie oder Ökonomie, wertvolle Impulse für kommunikationswissenschaftliche Fragestellungen liefern.

Da trotz reichlich Raum für intensiven Austausch viele Fragen offenblieben, regte Prof. Dr. Bernd Blöbaum im Abschlussstatement eine intensive Fortführung des Dialogs unter den Vertrauensforschern an. Außerdem sprach er sich für eine verstärkte qualitative Forschung aus, um besser ergründen zu können, was befragte Personen mit ihren Aussagen zu „Vertrauen“, „Medien“ und „Journalismus“ wirklich meinen.

Die Pre-Conference des Graduiertenkollegs „Vertrauen und Kommunikation in einer digitalisierten Welt“ im Rahmen der Jahrestagung der DGPuK wurde gefördert aus Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).