Workshop-Jubiläum mit internationaler Besetzung
Am 19. und 20. Juli haben Wissenschaftler des Graduiertenkollegs "Vertrauen und Kommunikation in einer digitalisierten Welt" erneut zahlreiche internationale Teilnehmer zum Methoden-Workshop "Agent-based Modeling" (ABM) begrüßt. Einige Forscherinnen und Forscher traten sogar den Weg aus Brasilien, Kanada oder Südkorea an, um in Münster ihre Projekte zu diskutieren. Zum Themenschwerpunkt "Social Simulation" hatte das Organisationsteam um Postdoc Dr. Daniel Westmattelmann , Antragsteller Prof. Dr. Gerhard Schewe und Marius Sprenger von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der WWU hochrangige Gastredner auf dem Gebiet des "Agent-based Modeling" eingeladen.
Auch in diesem Jahr konnten der ABM-Experte und internationale Mentor des Graduiertenkollegs Prof. Dr. William Rand (North Carolina State University, USA) ebenso wie die Informatiker und ABM-Methodenforscher Dr. László Gulyas (Ungarn) und Dr. Iris Lorscheid (Technische Universität Hamburg-Harburg) für den Workshop gewonnen werden. Vor 24 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus acht Nationen und unterschiedlichen Forschungsdisziplinen sprachen sie einführend über Grundlagen der nicht-standardisierten Methode zur computergestützten Modellbildung und über die Rolle von ABM in der Big-Data-Forschung.
Die Vorträge der Workshop-Teilnehmer deckten ein breites Themenspektrum ab wie beispielsweise Online-Propaganda oder Vertrauen in Supply-Chain-Beziehungen und Marktdynamiken. "Die interdisziplinäre Themenvielfalt des Workshops zeigt, dass ABM in vielen verschiedenen Disziplinen angekommen ist, da mit dieser Methodik Probleme gelöst werden können, die mit 'herkömmlichen' Forschungsmethoden nicht lösbar sind", erklärt Dr. Daniel Westmattelmann, der das Verfahren für seine Forschung zum Anti-Doping-Verhalten im Spitzensport verwendet.
Zur ABM-Methode:
Agent-based Modeling (ABM) ist eine nicht-standardisierte Methode der computergestützten Modellbildung, wobei ein System erschaffen wird, das aus mehreren Akteuren mit autonomer Entscheidungsfähigkeit besteht, den sogenannten "Agenten". Diese Methode findet aktuell immer mehr Anwendung und wird – neben den Methoden der Argumentation und Formalisierung – auch als "third way of doing science" bezeichnet. Durch die Anwendung der computergestützten ABM-Methode können nicht-lineare Zusammenhänge sowie erheblich größere Datenmengen verarbeitet werden. Den einzelnen Agenten oder ganzen Agentengruppen können verschiedene Eigenschaften zugeordnet werden, wodurch sich heterogene Verhaltensweisen abbilden lassen. Iterative und zum Teil auf wettkampfberuhende Interaktionen zwischen den Agenten, die mithilfe von ABM simuliert werden, basieren in der Regel auf komplexen mathematischen Verfahren wie neuronalen Netzen oder evolutionären Algorithmen, um Lern- und Adaptionsprozesse möglichst realitätsnah darstellen zu können. Jeder Agent bewertet dabei seine Situation und trifft daraufhin individuell Entscheidungen auf der Mikro-Ebene. Auf der Makro-Ebene resultiert das Systemverhalten aus dem interaktiven Verhalten der einzelnen Agenten, wodurch es zu Emergenzen kommen kann, indem sich ein Systemverhalten herausbildet, das nicht direkt aus den Entscheidungsalgorithmen der Agenten ableitbar ist. Ein Anwendungsbeispiel aus dem Bereich der agentenbasierten Modellierung ist die Untersuchung von sozialen Netzwerken.