Nachrufe — Joachim Wollasch
— Rudolf Schieffer, Prof. Dr. Joachim Wollasch (1. Februar 1931 – 8. August 2015) in: Bayerische Benediktinerakademie e.V., 2015, Nachrufe PDF
— Gerd Althoff, Nachruf. Joachim Wollasch (*1. Februar 1931 † 8. August 2015), in: Frühmittelalterliche Studien 50, 2016, S. 15-19, PDF
— Franz Neiske, Joachim Wollasch (1931–2015), in: Francia. Forschungen zur Westeuropäischen Geschichte 43, 2016, S. 457-459, Text; PDF
— Historisches Seminar
Joachim Wollasch (* 1. Februar 1931), ehemals Direktor des Instituts für Frühmittelalterforschung und emeritierter Lehrstuhlinhaber für Mittelalterliche Geschichte am Historischen Seminar der Universität Münster (1974-1996), ist am Samstag, den 8. August 2015, nach schwerer Krankheit verstorben.
Joachim Wollasch
Das Institut für Frühmittelalterforschung trauert um einen Kollegen, dessen Wirken zu der hervorragenden Stellung beitrug, die sich die Münsteraner Mittelalter- und Geschichtsforschung in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts erarbeitete. Joachim Wollasch begann seine wissenschaftliche Karriere wie mehrere andere Münsteraner Mediävisten im „Freiburger Arbeitskreis“ Gerd Tellenbachs, der mit prosopographischen Methoden und neuen Fragen an bis dahin vernachlässigte Quellengattungen Maßstäbe setzte. In dieser stimulierenden Umgebung promovierte er bereits 1955 mit einer Arbeit über „Königtum, Adel und Klöster im Berry des 10. Jahrhunderts“ und damit über Beziehungen und Wirkungen des Klosters Cluny, das ihn sein ganzes wissenschaftliches Leben beschäftigen sollte. 1963 habilitierte er sich in Freiburg mit einem Thema, das den Rahmen für einen Großteil seines zukünftigen Oeuvres formulierte: „Mönchtum des Mittelalters zwischen Kirche und Welt“. Die 1973 erschienene Monographie bot unter Anderem neue methodische Überlegungen zur Quellengattung der Nekrologien, die diese Quellen des Gebetsgedenkens einer sozialgeschichtlichen Auswertung erschlossen. 1974 übernahm Joachim Wollasch in Münster den Mittelalter-Lehrstuhl seines engen Kooperationspartners und Freundes Karl Schmid, der an die Universität Freiburg zurückgekehrt war. Die wechselseitige Zusammenarbeit wurde dadurch eher intensiviert, indem sie nun in Projekten des SFB 7 „Mittelalterforschung“ und in Kooperation mit den Monumenta Germaniae Historica (München) auf eine systematische Edition, Kommentierung und Auswertung der mittelalterlichen Memorialüberlieferung zielte. Wollasch und Schmid verfassten hierzu gemeinsam programmatische Arbeiten wie „Societas et fraternitas. Begründung eines kommentierten Quellenwerkes zur Erforschung der Personen und Personengruppen des Mittelalters“(1975). 1980 veranstalteten sie in Münster eine richtungsweisende internationale Tagung zum Thema „Memoria. Der geschichtliche Zeugniswert des liturgischen Gedenkens im Mittelalter“ (1984), die die interdisziplinären Dimensionen des Themas deutlich machte. Im Zentrum der Interessen Joachim Wollaschs und seiner Schüler stand dabei der Klosterverband des burgundischen Reformklosters Cluny, dessen Memorialüberlieferung er in einer mehrbändigen Synopse der Forschung zugänglich machte (1982). Er selbst zog 1996 die Summe aus diesen Forschungen in der Monographie „Cluny. Licht der Welt. Aufstieg und Niedergang einer klösterlichen Gemeinschaft“ und verbreiterte seine Perspektiven zugleich seit 1992 durch die Mitarbeit in einem thematisch auf „Pragmatische Schriftlichkeit“ ausgerichteten weiteren Münsteraner Sonderforschungsbereich ( SFB 231), in dem er bis zu seiner Emeritierung 1996 das Projekt „Das Schriftlich-Werden klösterlicher Lebensgewohnheiten im Mittelalter“ durchführte.
Der Forscher Joachim Wollasch wäre aber unzureichend charakterisiert, wenn nicht auch sein Engagement in der Lehre und akademischen Selbstverwaltung angemessen gewürdigt würde. In Seminar, Fachbereich und Universität war vor allem seine unprätentiöse Sachlichkeit geschätzt, die seinen Rat so wertvoll machte. Diese Wertschätzung schlug sich etwa darin nieder, dass er längere Zeit das Amt des Sprechers der Hochschullehrer im Senat ausübte. Auch als Geschäftsführer, Dekan und Kommissionsvorsitzender erwarb er sich hohe Wertschätzung. Als Lehrender war er mit seiner offenen und direkten Art erfolgreich, nicht zuletzt deshalb, weil er sich Zeit für Studierende nahm.
Nach seiner Emeritierung kehrte er in sein geliebtes Freiburg zurück, dessen Hausberg, den Rosskopf, er wahrscheinlich so häufig bestiegen hat wie niemand anderer. Aber auch in Münster sind seine Spuren noch vielfältig sichtbar und sein Wirken unvergessen.
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