Wir unterwegs

Erscheinung des Herrn B: Mt 2,1-12 (St. Anton, Regensburg)

I.
Vor vierzehn Tagen haben wir den Hl. Abend gefeiert – heute der Dreikönigstag ist so etwas wie ein zweites Weihnachtsfest. Warum feiern wir zweimal? Eigentlich ganz einfach: Wenn uns jemand viel bedeutet und wir treffen ihn, dann rufen wir ihm nicht bloß im Vorbeigehen einen Gruß zu, sondern wir bleiben stehen, geben ihm die Hand, fragen, wie es ihm geht, lassen uns von ihm erzählen, gehen ein Stück mit ihm oder laden ihn zu uns nach Hause ein. Mit einem Wort: Wir nehmen uns Zeit für ihn. Nichts anderes machen die Evangelien, wenn sie uns erzählen, wie Jesus in die Welt gekommen ist und was das für uns bedeutet. Sie nehmen sich Zeit und malen in immer neuen Bildern das Geheimnis Jesu Christi aus.

II.
Genau so ist das heutige Evangelium entstanden und genau darum ist der Dreikönigstag bis heute den Christen ans Herz gewachsen – so sehr, dass die eigentlich nüchterne Botschaft dieses Stücks Evangelium im Laufe der Zeit selber nochmals ausgemalt wurde auf eine Weise, die uns allen geläufig ist.

III.
Da waren, so hörten wir, Weise oder Sterndeuter aus dem Osten – Leute also, die sich Gedanken machten über das Woher und Wohin ihres Lebens und der Welt. Von einem geheimnisvollen Licht, einem Stern werden sie geführt, von einer Ahnung, unendlich weit entfernt und doch irgendwie nah. Auf ihrem Weg geraten sie in den Bannkreis eines Königs. Als der hört, dass sie ein neugeborenes Königskind suchen, vergeht er fast vor Angst – er fürchtet Konkurrenz. Doch die Weisen entwinden sich ihm wieder, der Stern führt sie weiter zur Krippe. Und voller Freude erkennen sie in dem armseligen Kind im Futtertrog das Ziel ihrer Wanderung.

IV.
Das Evangelium will damit nicht irgendwie ein paar seltsame Ereignisse von früher festhalten, sondern redet von etwas, was immer schon und noch immer wichtig ist, auch noch für uns Menschen im Jahr 2006 – und was mit Jesus zu tun hat. Das erkennt man übrigens ganz einfach daran, dass es auch außerhalb der Bibel zahllose Geschichten gibt, die ganz Ähnliches erzählen. Fast jedes Volk der Erde kennt die Geschichte von Königssöhnen – meist sind es drei, und einer davon ist besonders jung oder von schwarzer Hautfarbe, gerade so wie unsere Krippen die Sterndeuter darstellen –, und diese drei Königssöhne sind auf der Suche nach einem Schatz, d.h. nach ihrem eigentlichen Leben. Auf ihrem Weg werden sie von einer leisen Ahnung, gleichsam einen kleinen Licht mitten im Dunkel der Unsicherheit geleitet, aber sie müssen auch gefährliche Abenteuer durchstehen, um diesen Schatz ihres Lebens zu finden.

V.
Jetzt sehen sie sicher schon, worauf das Evangelium hinaus will, wenn es auch so eine ähnliche Geschichte erzählt, in der als Höhepunkt Jesus vorkommt. Die Drei Könige, also die Weisen, sind ein Sinnbild für uns selber. Wir suchen unser Leben – das, was wir eigentlich sind. Eine leise Ahnung, wie groß und frei wir sein könnten – das ist unser Stern – , ein solches Gespür lässt uns nicht zur Ruhe kommen und führt uns immer weiter. Dann begegnen wir mittendrin dem Herodes. Der ist noch einmal ein Sinnbild für uns: Wenn wir so tastend suchen nach dem, was wahr und wichtig ist für uns, da meldet sich auf einmal der Wille, ja einfach der Zwang, alles ganz genau zu begreifen, über alles die Kontrolle zu behalten und ja nichts Unvorhergesehenes, Neues uns hineinreden zu lassen. Herodes ist unsere Kontroll- und Herrschsucht, ja einfach das Misstrauen in uns, dass nichts taugen kann, was wir nicht selber machen und leisten. Eher wird etwas Neues, was einfach ins Leben tritt, totgemacht, als dass es angenommen und bejaht würde. Genau da, wie der Herodes aus Misstrauen, aus Angst um seine Machtstellung die Kinder Jerusalems niedermetzeln ließ, um unter ihnen auch das neugeborene Jesus-Kind, dieses gottgeschenkte, unverhoffte Neue zu beseitigen. Aber weil sich die Weisen von Herodes nicht irritieren lassen, weil sie ihm sogar aus dem Weg gehen, damit er dem Kind nicht schaden kann, und weil sie weiter dem Stern folgen, so finden sie endlich, was sie suchen.
Aber was finden sie? Kein Königskind in einem prachtvollen Palast und mit kostbaren Kleidern, sondern einen kleinen Menschenwurm, ein armer Leute Kind, notdürftig in einen Futtertrog gelegt, aus dem sonst Tiere fressen. Aber genau das ist die Mitte der weihnachtlichen Botschaft an uns. Sie heißt: Mensch, was du suchst als den Schatz dieses Lebens, das findest du nicht in Herrschaft und Macht, nicht in Prunk und Reichtum. Du findest ihn statt dessen darin, dass du endlich einfach du selber bist. Du selber wie dieses kleine Krippenkind, dass nichts hat und nichts kann – außer dass es da ist und gemocht werden will. Wenn du, Mensch, anerkennst: ja, so ist es auch mit mir; obwohl ich so klein bin, bin ich trotzdem gemocht, sogar von Gott gemocht – darum ist er ja selber ein solches kleines Kind geworden –, wenn du das anerkennst, hast du den größten Schatz deines Lebens gefunden. Und dann werden dich auch die Kräfte deiner Sehnsucht und deines Suchens – gleichsam die Hl. Drei Könige in dir – nicht mehr irreleiten, sondern dich mit vielem beschenken, was es an Gutem und Schönem in der Welt zu finden gibt. Das ist Gottes Versprechen an uns am Drei-Königs-Tag. So macht er uns Mut, Gotteskinder zu werden. Auch unser Beten und Feiern jetzt ist ein Schritt dazu.