Verherrlicht

Dienstag der Karwoche, St. Stephan (Augsburg): Joh 13,21-38

I.
Mit dem Evangelium, das wir soeben gehört haben, beginnen Jesu Abschiedsreden an seine Jünger. Als Judas hinausgegangen war – so fängt Johannes zu erzählen an. Jetzt sind die Gläubigen unter sich; von ihnen ist jetzt die Rede, heißt das. Aber zugleich auch: Mit dem Fortgang des Judas beginnt offenkundig zu werden, was es mit Jesus im Grund auf sich hat. Darum sagt er: Jetzt ist der Menschensohn verherrlicht. Jetzt strahlt auf, was sein Geheimnis ausmacht. Dieses "jetzt" meint natürlich das, was durch des Judas Verrat in Gang kommt: Die Kreuzigung.

Durch das Kreuz wird offenbar gemacht: Jesus glaubt so unbedingt, dass Gott ihn lieb hat, dass er diesen Glauben um keinen Preis widerruft. Es würde ihm vor Gericht das Leben gerettet haben, wenn er seine Botschaft von Gott zurückgenommen hätte: Die Botschaft, dass Gott jeden unbedingt lieb hat; und dass das reicht, um frei und souverän ein Mensch zu sein, der sich nichts und niemanden zu beugen hat. Aber genau das widerruft er nicht, weil er damit Gott der Lüge strafen würde. Denn wenn Gott der Liebende ist, dann bleibt er es auch dort, wo ich ihn als den Liebenden vielleicht gar nicht mehr erkennen kann. Ja: er wird es dort am meisten sein, wo ich es am allermeisten brauche. Deshalb flieht Jesus vor dem Kreuz nicht. Weil er der Liebe traut.

Darum leuchtet ausgerechnet durch sein Sterben auf, was sein Ge-heimnis ausmacht: das Vertrauen in Gott, das so unbedingt ist, das es sich seinerseits gar nicht anders äußern kann als dadurch, dass er Gott lieb hat. Und wenn er – Jesus – verherrlicht ist, sagt Johan-nes weiter, ist zugleich Gott in ihm verherrlicht. Natürlich: weil an Jesus und seinem Geschick zugleich offenkundig wird, wer Gott ist – und dass, was Jesus tut, und wofür er steht, nicht vergeblich gewesen sein wird, weil Gott ist, wie er ist. Darin besteht ja auch Jesu Auferwecktsein, sein Osterleben.

II.
So fasst Johannes ca. 60 bis 70 Jahre nach Ostern das Geheimnis Jesu in menschliche Worte. Er tut dies nicht bloß so, sondern er muss das tun, um für seine Zeit und seine Gemeinde die Verbindung mit dem Ursprung, also mit jenem Geheimnis Jesu aufrechtzuerhalten. Jede Generation steht neu vor dieser Aufgabe, weil doch der irdische Jesus im Tode fort gegangen ist.

III.
Und es ist mehr als aufregend – es ist im Grunde erschütternd, dass Johannes ausgerechnet an Petrus, dem Erstberufenen der Apostel, konkretisiert, ja konkretisieren muss, über welche Widerstände hinweg sich von Anfang an Gott als der erweist, als den Jesus ihn bezeugt. Noch wirft sich der Apostelfürst so mutig in die Bresche für seinen Herrn - mit Worten. Wenige Stunden später wird er ihn verleugnen, dann bittere Tränen über sich selbst vergießen, voll Verzweiflung und Verachtung für sich selbst. Aber nochmals ein paar Tage später, da wird denselben Petrus die dreifache Frage des Auferstandenen – Liebst Du mich? - diese dreifache Frage wird ihn bestürzen, aber eben dadurch bereit machen, ohne blinden Stolz in die Fußspuren des Gekreuzigten Auferstandenen zu treten und so selbst mit seinem eigenen Leben einzutreten in dieses Geschehen der Verherrlichung Christi und durch ihn in die des Vaters.

Das Sich-Bestürzen-Lassen ist seine, sozusagen die Petrinische Herrlichkeit. Hans Urs von Balthasar hat etwas Richtiges gesehen, wenn er meinte, nur im beständigen Gedemütigt-Werden des Amtes durch sein Haupt Christus und im Bewusstsein einer immer neu vollzogenen Absolution sei das Hierarchische christlich erträglich. Es ist gut, dass wir in diesen ersten Tagen der Heiligen Woche an dieses innere Gesetz alles Amtlichen erinnert werden. Das mag uns helfen, alles Eigene im geistlichen Leben und Wirken so weit zurück zu nehmen, dass es nichts mehr für sich, dafür umso mehr Bild und Medium der verborgenen Herrlichkeit dessen ist, von dem es herrührt.