Liebesdienst

Gründonnerstag A 14: Joh 13,1-15


Namen und Zeichen

Mit dem heutigen Abend beginnt Ostern. Der christliche Glaube kennt eine ganze Garbe von Namen und Zeichen, die auszudrü-cken, wenigstens anzudeuten suchen, was Ostern bedeutet. Von Auferstehung hören wir, von Gerettet-Werden, vom Alt- und Neusein, vom Sieg Christi. Lichter im Dunkel werden entzündet, Wasser spielt eine Rolle und ein Untergehen in ihm und Auftauchen aus ihm. Die Kirchen werden am Ostermorgen geschmückt sein mit frischem Grün und mit Blumen, Erinnerung an den Frühling, der alles wieder sprießen lässt. Und auch das Ei gehört dazu, das uralte Zeichen der Fruchtbarkeit.

Das letzte Wort

So verschieden diese Zeichen und Namen sind, alle zusammen meinen sie Eins: Das Leben hat das letzte Wort. Es ist stärker als alle Bedrängnis und Bedrohung. Nichts kann es vernichten: Not nicht, das Böse nicht, nicht einmal der Tod. Das wagen die Christen wegen Jesus zu glauben. Zuerst hatte er gesagt: Gott ist ein Gott, der da ist für uns, unbedingt. Er ist treu. Wenn er Ja gesagt hat zu uns – sonst gäbe es uns gar nicht –, dann bleibt sein Ja. Nichts kann daran etwas ändern. Schuld und Schwäche heben das Ja nicht auf, und nicht einmal, dass unser Menschenleben vergänglich ist. Als sein Reden von Gott einigen lästig wurde, hat er sich mit seinem eigenen Leben dafür verbürgt, dass wahr ist, was er sagt. Er hat sich lieber umbringen lassen, als auch nur einen Buchstaben zurückzunehmen. Er traute dem treuen Gott, dass der ihn auch dann, wenn sie ihm alles nehmen würden, das Leben sogar, – dass der ihn nicht würde hängen lassen.

Verstörende Geste

Als es soweit war, hat er sich von seinen Freunden verabschiedet. Es war wohl für ihn selber schwer, Worte zu finden, die das, was ihn bewegte, noch besser hätten sagen können, als er es bisher schon gesagt hatte. Aber selbst seine Freunde hatten es kaum verstanden. Darum hat er zum Abschied etwas getan, was ganz alltäglich, fast banal war, und doch die Jünger geradezu vor den Kopf schlug. Jesus steht vom Tisch auf, legt das Obergewand ab, bindet sich ein Handtuch um und wäscht seinen Jüngern die Füße. Petrus will es nicht zulassen, findet skandalös, dass der, dem sie als Meister, als Rabbi folgen, also als einem, der sie die wichtigen Dinge zwischen Himmel und Erde lehren kann, – dass der den Dienst verrichtet, den sonst der jüngste, der unterste Diener im Haus den ankommenden Gästen zu leisten hatte: ihnen den Dreck der staubigen Straßen von den Füßen zu waschen.

Füße waschen – wörtlich genommen

Jesus aber lässt sich nicht abbringen. Indem er den Seinen den niedrigsten Dienst erweist, drückt er aus: Was ich jetzt tue – so ist Gott. Ihm ist nichts, nichts zu viel für uns. Wie eben jemand ist, der liebt. Aber was heißt das: lieben? Das Wort ist dermaßen abgegriffen, dass es selbst dann kaum mehr etwas bedeutet, wenn es von Gott gesagt wird. Aber vor längerer Zeit bin ich in einem Buch, einem Roman, auf eine Stelle gestoßen, als ich die gelesen habe, musste ich wie von selbst an die Fußwaschung aus dem Evangelium denken. Und danach hatte ich irgendwie das Empfinden, die Geschichte aus dem Evangelium habe sich für mich verändert. Hören Sie selbst:

Der tschechische Dichter Bohumil Hrabal, der vor wenigen Wochen 100 Jahre alt geworden wäre, erzählt in seinem Werk „Hochzeiten im Hause“, wie eine junge Frau, die erschöpft von ihrer Arbeit in einem Restaurant heimkehrt, von ihrem Verlobten empfangen wird: Er
 „... stellte mir ein Becken vor die Füße hin, ein Waschbecken mit Sprüngen, hätte uns jemand durchs Fenster beobachtet, würde er vermuten, mein Mann ziehe mich langsam für die Liebe aus, zum Lieben, der Mann aber, mein Verlobter, zog mir nur die Strümpfe aus und schob den Rock nur hoch, um heißes Wasser einzugießen und dann kaltes nachzuschütten, bis es angenehm warm war, dann krempelte er seine Ärmel hoch, kniete sich vor mich hin, nahm ein Bein und dann das andere, er seifte meine schmutzigen Füße ein und wusch sie langsam, ganz langsam, ich schloss die Augen und fühlte mich wohlig, wenn er ein Bein nach dem anderen mit dem Waschlappen rubbelte, Wasser über sie goss und noch einmal, indes das Wasser vom Schmutz meiner Füße schwarz wurde, nahm mein Verlobter das schon saubere Bein, trocknete es mit dem Handtuch und stellte es auf den Boden und zog mir zärtlich den Pantoffel an... und dann wusch er das andere Bein, um sich danach aufzurichten und mir liebevoll übers Haar zu streichen und auf den Hof hinauszugehen, um das schmutzige Wasser ... auszuschütten."

Jemandem gut sein

Da trägt einer Sorge, einem anderen aus der Mühe des Tages herauszuhelfen, die Spuren zu beseitigen, die die Plage um Brot und Bestehen hinterlassen haben. Schon beim Vorbereiten, dem Eingießen des Wassers achtet er darauf, dem anderen wohl zu tun. Und dann das ruhige, behutsame Abwaschen und Einhüllen der müden Glieder. Ist es zuviel gesagt, wenn ich meine, Jesus habe mit der Fußwaschung sagen, nein fühlbar machen wollen: So geht Gott mit uns um? Und wenn es so wäre – hätten wir nicht Grund, uns ihm ganz und gar zu überlassen, selbst noch in den Nächten, da wir nicht weiter wissen und allen Mut verlieren?

Jesus selbst hat sich in seiner bittersten Nacht, da alle ihn verließen, diesem Gott überlassen. Und er hat erfahren dürfen: Gottes Liebe trägt. Wo eine Spur solch behutsamer Liebe zwischen Menschen aufkommt, gibt sie das Versprechen: Alles wird einmal gut. So fängt Ostern an. Gott selbst steht dafür ein.