Rewriting Jesus - Forgotten Pasts ans Possible Futures
Auf der Suche nach dem historischen Jesus
Was kann man über den historischen Jesus tatsächlich wissen? Prägen unsere eigenen Kontexte und Interessen die Rückfrage nach dem historischen Jesus in einem viel stärkeren Ausmaß als dies bei anderen Forschungsthemen der Fall ist? Und: Wen interessiert der historische Jesus überhaupt (noch)? Oder: Haben Gläubige und Wissenschaftler:innen, die sich für die historische Person Jesus von Nazareth interessieren, nicht verstanden, worum es eigentlich geht?
Diese und viele weitere Fragen wurden auf der Tagung „Rewriting Jesus. Forgotten Pasts and Possible Futures“ diskutiert, die vom 26.-28.9. in Münster stattfand und von Brandon Massey und Wolfgang Grünstäudl organisiert wurde. Bei den Diskussionen im internationalen und interkonfessionellen Plenum wurde deutlich, dass eine multiperspektivische Bearbeitung der Rückfrage nach dem historischen Jesus von eminenter Bedeutung ist. Diese eröffnet neue Sichtweisen des historischen Jesus und wird gleichzeitig der Pluralität der Personen gerecht, die sich ‚auf die Suche‘ nach dem historischen Jesus machen. Unterschiedlich sind bspw. die Beweggründe, sich für den historischen Jesus zu interessieren. Reines historisches Interesse gibt es ebenso wie persönlich-religiöse Motive und die Hoffnung, Grundlagen für gegenwärtige Theologie zu legen. Auch unterscheiden sich die Kontexte, in denen nach dem historischen Jesus gefragt wird. Sie umfassen wissenschaftliche wie nichtwissenschaftliche Kontexte und christliche Theologie ebenso wie die Judaistik.
Der rein wissenschaftliche Kontext der Tagung tat der Multiperspektivität keinen Abbruch. Vielmehr eröffneten die Vorträge unterschiedlichste Perspektiven auf den historischen Jesus selbst wie auch auf die Forschungsgeschichte: Einerseits wurden die sozial- und religionsgeschichtliche Umwelt des historischen Jesus (C. Bonar/Medford, O. Dyma/Münster) und zeitgenösse literarische Gattungen (E.-M. Becker/Münster, M. Becker/Heidelberg, T. Nicklas/Regensburg) in ihrer Bedeutung für die Forschung zum historischen Jesus hervorgehoben. Andererseits wurden rezeptionsgeschichtliche Aspekte zum historischen Jesus (R. Zwick/Münster, T. Mock/München) sowie zu den Evangelien (R. Walsh/Miami, J. van Maaren/Wien) beleuchtet. Eine weitere Perspektive eröffneten die Vorträge zur Forschungsgeschichte (J. Crossley/Norwegen, S. Huebenthal/Passau, W. Grünstäudl/Münster) und zu methodischen Fragen (B. Massey/Chicago). Schließlich mag der ein oder die andere überrascht sein, dass auch die feministische Exegese (E. Puschautz/Wien) neue Perspektiven zur historischen-Jesus-Forschung beisteuern kann.
Die Forschung zum historischen Jesus blickt auf eine inzwischen über 200-jährige Geschichte mit unterschiedlichen Phasen zurück. Dass die jüngste Phase nicht die letzte sein wird, ließ die Abschlussdiskussion erahnen. In dieser warfen die Teilnehmenden nicht nur theoretische Fragen nach neuen Methodiken, sondern auch praktische Fragen nach im weiteren Sinne „queeren“ Prägungen und dem Einfluss neuer (sozialer) Medien auf.
Bericht: Julia Pape
Flyer der Konferenz