Hält Mann dem Druck stand?
Ein Vortrag über die Hochzeitsnacht bei den Chewa im südlichen Afrika.
Im Rahmen der Vortragsreihe " Sex & the Body. Ethnologische Perspektiven" gab Angelika Wolf von der Freien Universität Berlin einen Einblick in das Geschlechter-
verhältnis bei den Chewa in Malawi. Wolf hat im Zeitraum zwischen 1995 und 2002 im südöstlichen Afrika mehrere Male bei jener Ethnie geforscht und auch Fachbücher darüber veröffentlicht.
Die Chewa definieren ihre Abstammung, ähnlich wie das Judentum, matrilinear, über die Mutter. Diese gesellschaftliche Grundlage wirkt sich unter anderem auf die Sexualität aus, die einen hohen sozialen Stellenwert einnimmt. Dieser äußert sich weniger in öffentlichen Bekundungen als etwa in sprachlichen Wendungen. Entlang der Begriffe Fruchtbarkeit, Potenz und Gefahr hat der Vortrag aufgezeigt, wie sich Geschlechterverhältnisse in einer matrilinearen Gesellschaft gestalten und wie diese der gesellschaftlichen Vorstellung von Sexualität zugrunde liegen. Dabei sind nicht nur Vorstellungen von weiblicher Fruchtbarkeit, sondern auch von männlicher Zeugungs- kraft ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis von Sexualität. Bei uns ist Sexualität etwas eindeutiges, ein Grundbedürfnis, das alle teilen und zumeist etwas individuelles, privates zwischen Liebenden. Für die Chewa berührt diese zwischenmenschliche Ebene aber die ganze Gesellschaft. Wolf betont die Aspekte der Verantwortung und der Fruchtbarkeit. Rituale werden durchgeführt, damit keine Energien verschwendet werden. Die Potenz des Bräutigams ist dem ganzen Dorf zu beweisen. Falls dies nicht gelingt, bekommt der Mann Potenzmittel. Aber auch die Braut steht in der Verant- wortung: sie versucht tänzerisch ihren Sexappeal zu steigern. Bleiben dies Versuche unfruchtbar, kann die Ehe aufgelöst werden. In dieser Gesellschaft, in der Fruchtbarkeit Reichtum bedeutet, absolut konsequent.
Diese Erkenntnisse über eine Ethnie im südlichen Afrika stehen aber für Wolf nicht einfach so im Raum. Vielmehr reflektiert die Wissenschaftlerin auch über die eigene Gesellschaft. Während bei den Chewa die Aufklärung sehr wichtig für die gesamte Gesellschaft erscheint, und die Kommunikation zwischen den Generationen funktioniert, ist dies bei uns nicht immer der Fall.