07. Juni 2004:
"Free Sex" -
Ein moralischer Konflikt in Politik und Gesellschaft im Süden Thailands
Alexander Horstmann






Sexualität im Brennpunkt der Kulturen

Im Süden Thailands tobt der Kampf der Identitäten.
Lebensstile werden zu Fragen politischer Macht aufgeladen, wenn es um konkurrierende Werte von Islam und Theravada-Buddhismus geht.
Hinzu kommt der Freie Sex des Westens, der soweit sind sich beide Glaubensgemeinschaften einig einen massiven Werteverfall mit sich gebracht hat.
Hat die westliche Welt Thailand in den moralischen Abgrund getrieben?
Welche Rolle spielt eigentlich Moral im öffentlichen Leben? Um diese und andere Fragen ging es beim Vortrag von Dr. Alexander Horstmann, der im Rahmen der Veranstaltungsreihe Sex and the Body ethnologische Perspektiven vor vielen interessierten Zuhörern in der Stadtbücherei gesprochen hat.
Dr. Horstmann, Sozialanthropologe und derzeit als Forscher am Kulturwissenschaftlichen Institut Essen tätig, bezog sich auf seine Feldforschungen in Songkla und Patani, Südthailand. Als Ethnologe setzt er sich mit dem heiklen Thema der Sexualität als Körperpolitik auseinander.
Familienkonstrukte und Geschlechterordnungen sind nicht nur Aspekte der Privatsphäre, so Horstmann. Sie stehen als Symbole für die Grenzen zwischen moralisierenden Gemeinschaften und gehören somit in die Öffentlichkeit. Der Ethnologe sieht entgegengesetzte Auffassungen von Kultur und Moral eng verknüpft mit ethnischer Identität. Das Festhalten an einer bestimmten Lebensführung kann dem Einzelnen ein starkes Gefühl von Zugehörigkeit in seine Glaubensgemeinschaft vermitteln. Dies muss nicht mit der Geringschätzung anderer Lebensweisen einhergehen.
In seinen Untersuchungen fand Horstmann die Rückbesinnung auf alte Werte als vordergründiges Phänomen vor. Die Nostalgie ist auf dem Vormarsch. Der konservative Stil prägt die scheinbar moralisch verarmte Gesellschaft Thailands. Eltern sind bemüht, ihre Kinder vor dem schlechten Einfluss der freizügigen Presse abzuschirmen, verbieten spätes Ausgehen und vorehelichen Sex. In Zeiten des Werteverlustes besonders in Hinblick auf den boomenden Sex-Tourismus gewinnt Rationalität im Lebensstil an Bedeutung.
Die Sehnsucht nach Vergangenem als treibende Kraft des Moral-Diskurses machen sich politische Aktionsgruppen zu Nutzen. Nichtregierungsorganisationen sind bemüht, lokale Traditionen wieder aufleben zu lassen und bringen zugleich neue Sichtweisen bezüglich Familie und Lebensqualität in Umlauf.
Im Vortrag wurde zum einen deutlich, dass Moralvorstellungen mit Identitätspolitik einhergehen. Außerdem zeigte Horstmann, wie Muslime und Buddhisten im Süden Thailands die moralische Krise nutzen, um ihre eigenen Interessen zu vertreten.



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Sex and the
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