Soziale Milieus und alltägliche Klassenpraxis
Theoretische Bezüge und empirische Zugänge zu einem sozialstrukturellen Milieukonzept
DOI:
https://doi.org/10.17879/zts-2014-4862Abstract
„Alltag“ und „Klasse“ bezeichnen Begriffe, sie sich in der sozialwissenschaftlichen Debatte meist als zwei Pole des Sozialen gegenüberstehen. Dabei ist Alltag tendenziell der Pol, der für das subjektive und gewohnheitsmäßige Erleben steht. Dagegen bezeichnet „Klasse“ eine Kategorie, die vom subjektiven Erleben abstrahiert, und auf die Strukturbedingtheit von Alltagspraxis
verweist. Folgt man nun der historischen Debatte, so kann man – bei allen Unterschieden im Detail – doch sagen, dass mit der Verwendung des Milieubegriffs die Thematisierung genau dieses Verhältnisses der beiden Dimensionen des sozialen Lebens im Vordergrund stand. Dabei lässt sich zunächst an Hradil (1992) anknüpfen, der die verschiedenen Entwicklungslinien skizziert
hat. Der Begriff „Milieu“ taucht demnach erstmals auf, als es darum geht, die Prägung des Menschen nicht aus biologischer Vererbung, sondern aus ihn umgebenden Umwelteinflüssen heraus zu erklären. Vor allem durch die Industrialisierung wurde deutlich, „wie sehr die menschliche Existenz abhängig ist von äußeren, und zwar von menschengemachten, sozialen Umständen“
(Hradil 1992: 21).