Strafaffekte und Legitimitätsempfinden
Zur Frage von Motiven in der Gewaltforschung
DOI:
https://doi.org/10.17879/zts-2019-4190Schlagworte:
Motive, Gewalt, Gewaltforschung, sexuelle Gewalt, Vergewaltigung, Gruppenvergewaltigung, Strafe, Affekte, EmotionenAbstract
Die explanatorische Relevanz von Motiven für Gewalthandeln wird in der neueren, situative Aspekte betonenden Gewaltforschung zunehmend in Zweifel gezogen. Die Kritik läuft trotz guter Argumente jedoch Gefahr, normative und gewaltfördernde Bedürfnisse, Wünsche und Affekte aus dem Blick zu verlieren, so sie sich nicht aus der Situation allein erklären lassen. In dem Beitrag wird der Frage nachgegangen, inwiefern ein weniger teleologischer, volatilerer Motivbegriff neue Erkenntnisgewinne verspricht. An empirischen Beispielen von Gruppenvergewaltigung und dem Zusammenhang von Vergewaltigung und Strafe werden die Begriffe des Legitimitätsempfindens und der Strafaffekte entwickelt, die als motivationale Versatzstücke in Gewaltinteraktionen aufscheinen und ihre Dynamik beeinflussen, ohne sie notwendigerweise kausal zu determinieren. Am empirischen Material lässt sich nachweisen, dass sich die Verteidigung eigener Ordnungsvorstellung affektiv äußert und in gewaltförmigen Akten der Bestrafung münden kann. Damit handelt es sich dabei um ein Motiv, das ein relevanter Aspekt im Vollzug und der Dynamik insbesondere sexueller Gewalt ist.