Where are the missing practices? Bruno Latours experimentale Metaphysik
DOI:
https://doi.org/10.17879/zts-2013-4055Schlagworte:
Practice turn, Akteur-Netzwerk-Theorie, Realismus, Pragmatismus, Konstruktivismus, Latour, Wittgenstein, Mikro-Makro-Problem, Kontingenz, Historische SoziologieAbstract
Der Begriff Praxis avancierte in der Philosophie und Gegenwartssoziologie nach dem »pragmatic turn« zu einem paradigmatischen Schlüsselbegriff, um soziale Beziehungen und die damit zusammenhängende Entstehung sozialer Ordnung zu verstehen. Betrachtet man jedoch einige Praxistheorien genauer, so fällt auf, dass den zentralen pragmatischen Ansätzen häufig ein essentielles Element fehlt: nämlich Praktiken. Zumindest bleibt die Praxis als fundierendes Ereignis in seiner systematischen Relevanz für die Theoriebildung unklar. Ziel des vorliegenden Beitrages ist es, zu zeigen, dass und wie sich das Kernanliegen der Praxistheorie im Rahmen von Bruno Latours Akteur-Netzwerk-Theorie präziser zur Geltung bringen lässt als in anderen geläufigen Praxistheorien. Latours zentraler Gedanke ist, dass alles, was die Soziologie über die Wirklichkeit der Alltagswelt wissen kann, über den Weg des Explizitmachens der faktischen Gepflogenheiten in tatsächlich bestehenden Situationskontexten
zurückgeführt werden muss (Ludwig Wittgenstein). Der Aufsatz erkundet die heuristischen Potentiale von Latours Forschungsprogramm und versucht aufzuzeigen, welche Konsequenzen daraus für die soziologische Theoriebildung gezogen werden müssen.