Warum „normal“ für Religion abwegig ist

Pastoral aus der Anormalität religiöser Existenzweisen

Autor/innen

  • Hans-Joachim Sander Fachbereich Systematische Theologie, Dogmatik; Paris-Lodron-Universität Salzburg

Abstract

Zu den menschlichen Existenzweisen gehört auch der Konjunktiv, mit dem die Normalität des Möglichen um den gravierend anderen Raum des Unmöglichen erweitert wird. Damit lässt sich sowohl die Anthropologisierung der Theologie beschreiben, die durch die Moderne möglich geworden ist, aber auch die vor allem päpstliche Revanche gegen die Unmöglichkeiten dieser Moderne erfassen, für die allerdings deren Möglichkeiten nötig sind. Sucht man nicht nach einer Großen Vereinigung auf höherer Ebene, sondern die Konfrontation der zwei Unmöglichkeiten der säkularen wie der religiösen Welten miteinander, dann relativieren diese sich am Umschlagpunkt des Anormalen. Angesichts der gravierenden Anormalitäten in der Kirche (Missbrauch, sexuelle Heuchelei etc.) wird verständlich, warum von Menschen nicht erwartet werden kann, sich kirchlich-christlich zu deklarieren, die sich als normal verstehen. Es entstehen stattdessen neue heterotope Praktiken daraus, dass konfrontierende Anormalitäten aus dem eigenen religiösen Raum immer eingerechnet werden müssen, welche die normalen pastoralen Aktivitäten gravierend durchkreuzen. Diese Praktiken müssen damit zurechtkommen, dass die Glaubwürdigkeit der Kirche im freien Fall ist, weil diese sich und anderen die eigenen Anormalitäten nicht eingestanden hat, um ihre Revanche gegen die Moderne hoch halten zu können. Für die Diskursivierung dieser Praktiken werden abschließend vier Kriterien entwickelt.

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Veröffentlicht

2021-01-15