Flüchtlinge als Gnadengabe an eine verbürgerlichte Religion? Gefährliche Erinnerung an die Gerechtigkeit Gottes
Abstract
Während Papst Franziskus Migranten in der Mitte der Kirche sehen will, bewirken Flüchtlinge
im kollektiven Glaubensbewusstsein mancher Pfarrgemeinden keine Resonanz. Der vorliegende
Beitrag fragt nach möglichen Ursachen für eine solche Abwehrhaltung und ob Flüchtlinge
nicht auch ein Geschenk für christliche Gemeinschaften und ein Impuls zur Evangelisierung
sein können. Die biblische Erinnerung zeigt sich dabei als gefährlich und heilsam
zugleich: Flüchtlinge – als die radikal Armen – rütteln an einer verbürgerlichten Form des
Glaubens. Sie machen die anthropologische Grunderfahrung des Aufeinander-angewiesen-
Seins neu bewusst und eröffnen in der Erinnerung an die verheißene Gerechtigkeit Gottes ein
neues solidarisches Handeln.
While Pope Francis strives for an acceptance of migrants in the center of the Church, parish
communities often find it difficult to realize this ambition. This contribution both asks for possible
reasons for such a defensive attitude and whether refugees could be experienced as a gift
for Christian communities and as an impulse for evangelization. In this context, the biblical
witness is dangerous as well as healing: refugees – as the radically poor – upset the conventional
form of faith. They cause an awareness of the basic experience of interrelationship between
people and open up a new way of solidarity once we remember the justice promised in
the Kingdom of God.