Rezeption als Strukturelement des Themenparks: Ideale Besucher, Immersion und ‚bewohnbare Diegesen‘ im Mystery-Bereich des Phantasialands
DOI:
https://doi.org/10.17879/paradigma-2024-5767Abstract
„Düstere und geheimnisumwitterte Burganlagen, tiefe Verliese und verschlungene Korridore rufen Abenteurer in eine mystische Welt vergangener Jahrhunderte” – so beschreibt das Phantasialand (Phantasialand 2011) seinen Mystery-Bereich, bestehend aus dem 65 Meter hohen Gyro-Drop-Tower Mystery Castle, der Rafting-Anlage River Quest und der Themenwelt Klugheim, die, eingelassen in die Kulisse eines Basaltgebirges, neben den Achterbahnen Taron und Reik über einen mittelalterlich thematisierten Dorfplatz verfügt. Würde es sich, dieser Beschreibung folgend, um ein literarisches Werk oder einen Film handeln, erwarteten wir die Inszenierung der angerufenen ‚Abenteurer‘, auf ihrem Weg, die Geheimnisse dieser sogenannten ‚mystischen Welt‘ zu entschlüsseln. Wir würden, separiert vom Geschehen, von Seiten der (mehr oder weniger) sicheren Rezeptionsebene, ihre Geschichte (histoire) verfolgen, die Erzählweise (discours) analysieren und gegebenenfalls etwas über die Modellierung der erzählten Welt (Diegese) erfahren. Da es sich beim Phantasialand um einen Themenpark handelt, stehen wir jedoch vor einem Problem: Die versprochenen ‚Abenteurer‘ sind nirgends zu sehen und abgesehen von Musik, Lautsprecherdurchsagen, ratternden Achterbahnwagons und teilweise verkleideten Parkmitarbeiter*innen zeichnen sich keine Abläufe ab, die wir als Teil einer Geschichte klassifizieren könnten.
Es liegt auf der Hand, dass die Bezeichnung ‚Abenteurer‘ die Parkbesucher*innen adressiert, ihnen eine diegetische Rolle zuschreibt und, da das Abenteurerdasein ein gewisses Maß an Entdeckerdrang erfordert, Eigenschaften abverlangt, um mit dem übrigen Text zu kooperieren. Das heißt ferner, dass die Geschichte der ‚Abenteurer‘, die für den Park so wichtig erscheint, nur durch das Zutun der Parkbesucher*innen zustande kommen kann. Soweit wir dies in seinen Grundzügen verstehen, gerät unser literatur- und medienwissenschaftliches Instrumentarium jedoch an seine Grenzen, wenn Rezeption und Textgenese in dieser unmittelbaren Form korrelieren. Es steht in Frage, welchen Text wir überhaupt (mit Mehrwert) analysieren können, wenn alle Parkbesucher*innen an ihrer individuellen Abenteuergeschichte partizipieren.
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