„Und dann erst blendet es auf, und wir sehen“, oder Die neue Frau: der Mann. Visualität/Textualität in Tucholskys Filmexposé Seifenblasen

Autor/innen

  • Tim Preuß

DOI:

https://doi.org/10.17879/paradigma-2024-5700

Abstract

Schriftsprachliche Texte sind dem Medium Film von Beginn seiner Geschichte an intrikat verbunden: als inhaltliche Vorlagen, als Theoretisierungsangebote, als Muster narrativer Konstruktion wie auch als Vorstufen der Filmproduktion (vgl. Brössel 2014: 126–219). Im Bereich letzterer sind – lange vor der Konventionalisierung der Gattung Drehbuch – Bezeichnungen wie ‚Filmskript‘ oder ‚Filmexposé‘ typologische Hilfsbegriffe eines sich entwickelnden Texttyps mit noch unscharfen Kompetenzen und Darstellungsregularitäten. Gleichwohl lassen sie sich grob als primär schriftsprachliche Texte definieren, in denen der antizipierte „Film […] als eine in die Textstruktur eingeschriebene, angedachte Rezeptionsform des Textes anwesend“ ist (Nyström 2022: 227).

Im Erkenntnisinteresse am Verhältnis von Visualität/Textualität und Aspekten der visuellen Kultur der 1920er ist der heterogene Texttyp Filmexposé somit mutmaßlich besonders aufschlussreich. Neben Aushandlungsprozessen um das zeitgenössische Leitmedium im Zeichen einer selbstreflexiv zentralen Kategorie von Visualität können an ihm auch Produktions- und Verarbeitungsprozesse von kulturellem Wissen sowie zeitgenössische Projektionen medienspezifischer Darstellungsgrenzen und -möglichkeiten herausgestellt werden – mehr noch, wo die Grenze zwischen einer vermeintlichen konkret-visuellen Kompetenz des Films gegenüber einer abstrakt-begrifflichen Kompetenz des schriftsprachlichen Textes, wie sie Béla Balász 1924 in Der sichtbare Mensch vornimmt und die noch bis zu Walter Benjamins Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit (1936) bestimmend ist, mit der Entstehung des Tonfilms überaus problematisch wird (vgl. Korte 2008 u. Harris 2014). Kurt Tucholskys Filmexposé Seifenblasen (1931) steht am Ende dieser Entwicklungen und an der Schwelle zur Ausprägung eines modernen Filmbetriebs – verarbeitet allerdings deutlich Aushandlungsprozesse von Visualität und Textualität in den ‚langen 1920ern‘, wie sich unter kursorischer Rekonstruktion seiner diesbezüglichen Propositionen und Konstruktionsprinzipien zeigen soll.

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Veröffentlicht

2024-04-03

Zitationsvorschlag

Preuß, T. (2024) „‚Und dann erst blendet es auf, und wir sehen‘, oder Die neue Frau: der Mann. Visualität/Textualität in Tucholskys Filmexposé Seifenblasen“, Paradigma, 7, S. 26–34. doi: 10.17879/paradigma-2024-5700.