17. Tag der Antiken Numismatik in Münster am 17./18. November 2023

von Nike Elsbroek, Jessica Schellig und Trixi Steil

Zum 17. Mal versammelten sich am 17. und 18. November 2023 bei herbstlich kaltem Wetter zahlreiche Münzfreund*innen aus dem deutschsprachigen Raum zum alljährlichen Tag der Antiken Numismatik (TAN) in Münster (Abb. 1), den dankenswerterweise wieder die Fritz Rudolf Künker GmbH & Co. KG und der Verband der Deutschen Münzenhändler e.V. unterstützten.

Abb. 1: Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 17. Tages der Antiken Numismatik

Aus organisatorischen Gründen starteten diesmal bereits am Freitagnachmittag die ersten Beiträge von Nachwuchswissenschaftlern in der Sektion »Griechisches«. Der erste Vortrag der Tagung wurde von Marc Philipp Wahl (Wien) zum Thema »Die Münzprägung Thuriois und ihr Kontext – Möglichkeiten und Grenzen einer Stempelstudie« gehalten. Er präsentierte dabei Zwischenergebnisse des gleichnamigen FWF-Forschungsprojektes. Ziel des Vorhabens ist die Vorlage des Materials als Stempelstudie sowie die historische Kontextualisierung der Prägetätigkeit der unteritalischen Stadt. Darüber soll ein besseres Verständnis der politischen und wirtschaftlichen Bedeutung der Polis in der Magna Graecia in klassischer und hellenistischer Zeit gewonnen werden. Als Grundlage der Arbeit dient u. A. ein Bestand von ca. 3.500 Karteikarten an der Universität Wien, welcher bis 2012 von Michael Metlich zusammengetragen wurde. Im Laufe des Projektes konnte die Materialbasis (Stand November 2023) auf ca. 10.950 Stücke erweitert werden. Für die Silberprägungen konnten dabei bereits ca. 900 Avers- und 1.300 Reversstempel gesichert werden. Die Analyse der Hort- und Streufunde lässt auf einen Umlauf im süditalischen Raum schließen, wobei die Prägungen während 340–280 v. Chr. am intensivsten umliefen. Eine bereits seit einiger Zeit bekannte Stempelkoppelung zu Exemplaren der samnitischen Siedlungen Hyria und Fensernia wurde im Rahmen des Projekts neu interpretiert. Die Prägung im Namen Thuriois scheint eine antike Imitation zu sein, die wie die Münzen von Hyria und der Fenserni im kampanischen Neapolis produziert wurde (Abb. 2).

Abb. 2: Eine antike Imitation. Thurioi, AR Didrachme, 7,92 g, 4. Jh. v. Chr. Vs.: Kopf der Hera in Dreiviertelansicht nach r. / Rs.: ΘΥΟΡΙΩΝ. Stier stößt nach r. Nationalmuseum Kopenhagen, Inv. Nr. 278875

Danach folgte der Vortrag von Axel Reuter (LVR-Archäologischer Park Xanten) »Münzen aus einer griechischen Kolonie: Geld, Austausch und Identität in Olbia Pontike von der Archaik bis zum frühen Hellenismus«, in dem Teilergebnisse des abgeschlossenen Forschungsprojekts zur Numismatik Olbias vorgestellt wurden – eine Zusammenarbeit der Goethe-Universität Frankfurt am Main mit der Nationalakademie der Wissenschaften der Ukraine sowie dem Bergbaumuseum Bochum. Es ging um die monetäre Entwicklung der griechischen Koloniegründung Milets, die in den regionalen Kontext des Schwarzen Meeres gesetzt wurde. Olbia Pontike war eine griechische Siedlung, die im engen Austausch mit den Skythen stand. So steht das Pfeilgeld aus dem 6. Jh. v. Chr., welches im westlichen Schwarzmeerraum verbreitet ist, möglicherweise in Bezug zur skythischen Kulturwelt, wo oft mit Pfeil und Bogen gekämpft wurde. Dagegen lässt der Ursprung des Delfingeldes aus dem 5. Jh. v. Chr. viele Fragen offen. Der Vortragende stellte die These auf, dass sich sowohl Pfeil- als auch Delfingeld im Umfeld des Achilles-Kults entwickelten, da die ersten Vertreter beider Geldformen im Achilles-Heiligtum von Beijkus an der Grenze von Olbias ländlichem Territorium auftreten. Damit bietet er eine alternative Deutung zu der sonst angenommenen Bezugnahme auf Apollon. Darüber hinaus wurden weitere Deutungsmöglichkeiten präsentiert, die auf eine ambige Lesart der frühen Geldobjekte des nördlichen Pontos schließen lassen.

Im Anschluss hielt Ute Wartenberg (ANS, New York & International Numismatic Council) den Abendvortrag zum Thema »Archaische Münzprägung: Auf der Suche nach neuen Erklärungen«. Innerhalb des allgemein noch zu wenig aufgearbeiteten Feldes der archaischen Münzprägung fallen besonders die über hundert Münztypen auf, die ohne eindeutige Zuweisung zu einer Region oder einer Stadt stehen und so oft als incerti bezeichnet werden. Da Legenden fehlen, können diese frühen Münzen nur über Bildinhalte, Gewichte und Standards, aber auch über Fundkontexte und metallurgische Analysen in geographische, chronologische oder historische Zusammenhänge gebracht werden.

Die ersten Münzen stammen aus dem westlichen Kleinasien und wurden ab ca. 650 v.Chr. vor allem in Lydien und Ionien ausgegeben: Sie bestehen aus Elektron, einer, wie die neuesten Forschungen gezeigt haben, künstlichen Legierung aus Gold und Silber. Die einzelnen Nominale (Statere mit zahlreichen Teilstücken) sind präzise ausgewogen, und je nach Münzgruppe lassen sich klar definierte Metallzusammensetzungen ausmachen: Hier zeigt sich handwerkliche Präzision und Können bereits im 7. Jahrhundert v. Chr. Auffällig ist, dass offenbar teils großformatige Stempelplatten für die Herstellung unterschiedlich großer Münznominale verwendet wurden, sodass auf kleineren Nominalen oftmals nur Teile der Prägemotive zu sehen sind.

Neben Beobachtungen zur Technik legte Wartenberg ihren Fokus auf ikonografische Fragestellungen und betonte die enge Verbindung zu Siegeln und Gemmen, auf denen ein ähnliches Repertoire an Motiven auffällt und die vornehmlich aus dem babylonischen und assyrischen Kulturkreis stammen. Eine »Autorisierung durch Siegelung« gilt auch für das neu eingeführte Münzgeld. Die Idee von Identität und Abgrenzung im Bild sieht Wartenberg für die frühen Prägungen durchaus kritisch: Die sich wiederholenden Symbole oder Embleme sollten einerseits Vertrauen in die neue Geldform erwecken und andererseits eine Art von Gemeinschaft im Handel repräsentieren oder möglicherweise überhaupt erst formieren. Um 600 v. Chr. gab es noch kaum spezifische Polis-Embleme mit Identifikations-Charakter, daher mögen die frühen Bilder eine andere Bedeutung haben, indem sie eine wirtschaftlich-praktische Intention haben und beispielsweise als Identifikation von Wert oder Maß dienen konnten.

 

Der zweite Konferenztag begann mit der Verleihung des Walter-Hävernick-Preises der Numismatischen Kommission der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (Abb. 3). Die Auszeichnung dient der Würdigung herausragender Qualifikationsarbeiten von Nachwuchsnumismatiker*innen. In diesem Jahr wurde nach einer Laudatio durch Ulrike Peter Samuel Oer de Almeida (Tübingen) für seine Masterarbeit »Die Münzprägung von Tralleis in der frühen und mittleren Kaiserzeit« ausgezeichnet. Im Anschluss wurde Rahel Otte (Bonn/Frankfurt am Main), welche ihr Projekt 2021 auf dem 15. TAN vorgestellt hatte, nach anerkennenden Worten durch David Wigg-Wolf der Preis für ihre Dissertation »Monetarisierung und Geldumlauf in ländlichen Siedlungen des niederrheinischen Lössgebietes« verliehen. Nachfolgend präsentierten die beiden Geehrten Ausschnitte aus ihren Projekten.

 

 

Abb. 3: Ehrung der diesjährigen Hävernick-Preisträger*innen (v.l.n.r.) Ulrike Peter, Samuel Oer de Almeida, Rahel Otte, David Wigg Wolf und Stefan Kötz

Im ersten Vortrag der Sektion »Römisches« stellte Johannes Wegener (Göttingen) dann einen Teilaspekt seiner Doktorarbeit vor. Das Forschungsprojekt untersucht die Mechanismen der Konsolidierung römischer Herrschaft im griechischen Osten während der frühen Kaiserzeit. Sein Beitrag »Pax im Kontext – Zu einer vieldeutigen Cistophor-Prägung des Octavian 28 v. Chr.« fokussiert sich auf eine der ersten römischen Emissionen der Provinz Asia nach den Bürgerkriegen. Die zentrale Fragestellung ist, inwiefern die auf den Reversen abgebildete Personifikation der Pax für ein römisches und/oder griechisches Publikum bestimmt war (Abb. 4). Die sonst nur selten auf Münzen dargestellte Göttin hält auf den Rückseiten der ephesischen Stücke einen Hermesstab – das Symbol für florierenden Handel. Dabei steht sie auf einem Schwert, einem sogenannten parazonium. Im rechten Feld ist die für die Cistophoren namensgebende cista mystica dargestellt. Um eine eindeutige Interpretation des Bildes zu gewährleisten, wird es durch die Legende PAX ergänzt. Die Darstellung des Friedens ist in der griechischen Bildwelt in dieser Form unbekannt.  Dementsprechend ist diese Komposition als innovative Metapher für den Frieden zu verstehen, die auch auf den Wohlstand verweist, der auf diesen Frieden folgt. Da weder typisch römische noch griechische Attribute verwendet werden, ist anzunehmen, dass beide Seiten durch die neue Motivik angesprochen werden sollten.

Abb. 4: Der augusteische Frieden im Osten. Ephesos, AR Cistophor, 11,51 g, 28–20 v. Chr. Vs.: IMP CAESAR DIVI F COS VI LIBERTATIS P R VINDEX. Büste des Octavian, lorbeerbekränzt, nach r. / Rs.: PAX. Pax steht nach l. auf einem parazonium, hält in der r. Hand caduceus, i. F. rechts cista mystica, alles in Lorbeerkranz. Wien, KHM

Anschließend stellte Janine Arendt (Mainz) Ergebnisse ihrer Masterarbeit in dem Beitrag »Ein Münzprogramm des Postumus? Eine quantitative Analyse von Hortfunden im gallischen Reich« vor. Der Schwerpunkt der Arbeit lag darin, anhand der Typen quantitativ herauszuarbeiten, welchen Fokus Postumus in seiner Münzprogrammatik legte. Dazu wurden ausschließlich Hortfunde ausgewertet, um die tatsächlich in Umlauf befindlichen Typen zu erfassen. Es wurde nicht nach ikonografischen, sondern ökonomischen Charakteristika gehortet und so zeigen Horte nicht nur seltene, sondern insbesondere alltägliche Typen. Die Reversmotive wurden dabei in Kommunikationskategorien eingeteilt und nach Regierungsabschnitten betrachtet, um auszuwerten in welchen Zeiträumen welche übergeordneten Botschaften vorrangig waren. Aus ihrer Analyse der Hortfunde konnte sie zehn Kommunikationskategorien zusammenstellen, wobei gerade militärische Botschaften zu Beginn seiner Regierungszeit wichtig waren, um seine Herrschaft zu legitimieren. Dagegen spielten kaiserliche exempla, die unter anderen Kaisern lange zu den wichtigsten Motiven gehörten, bei Postumus eine untergeordnete Rolle und wurden nur in einem Zeitabschnitt geprägt, wahrscheinlich als Reaktion auf krisenhafte Zeiten (Mitte 262 bis Anfang 266 n. Chr.). Am stärksten vertreten war die Darstellung der Moneta, die auch bei anderen Kaisern dieser Zeit zu einem der häufigsten Motive zählte.

 

Ein besonders persönlicher Beitrag leitete die Sektion »Methodische Zugänge: Gipse und Gegenstempel« ein. Claire Franklin Werz würdigte in ihrem Vortrag »Die Gipsabguss-Sammlung von Ulrich Werz und ihr Hintergrund« ihren im Juni 2023 verstorbenen Mann. Sie zeichnete darin die verschiedenen Stationen seines akademischen Lebens nach, die ihn zu einem äußerst geschätzten Mitglied der numismatischen Gemeinschaft werden ließen: Ulrich Werz (Abb. 5) studierte in Göttingen und Heidelberg und verfasste schließlich in Frankfurt am Main seine Dissertation zu Gegenstempeln auf Reichs- und Provinzialprägungen der römischen Kaiserzeit. Im Laufe seiner Studienjahre hatte sich durch die Möglichkeiten einer unmittelbaren Vergleichbarkeit von Objekten sein Interesse an Gipsabgüssen entwickelt; er lernte, selbst Gipsabgüsse von Münzen anzufertigen und fertigte daraufhin Kopien von Prägungen im Brugger Vindonissa Museum und aus der Sammlung Dr. Konrad Bech in Mainz an. Dabei war es ihm ein stetes Anliegen, sein Wissen und seine Fähigkeiten an Interessierte weiterzugeben. So hielt er Vorträge, schrieb Artikel, in denen er seine Herangehensweise darlegte[1], hielt zahlreiche Lehrveranstaltungen ab und legte eine insgesamt über 12.100 Abdrücke umfassende Lehrsammlung an.

 

Abb. 5: Ulrich Werz (1964–2023)

Seine Untersuchungen von Gegenstempeln auf Münzen der römischen Kaiserzeit lieferten wertvolle Erkenntnisse. So konnte er u.A. Gegenstempel des Monogramms VAR, die auf Fundmünzen in und um Kalkriese auftreten, mit der Varusschlacht 9 n. Chr. verknüpfen. Im Zuge dessen analysierte Werz Gegenstempel auch experimentalarchäologisch, indem er durch Einschlagen von nachgeschnittenen Stempeln auf Kupferplatten ihr Abnutzungsverhalten näher betrachtete[2]. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Münzkabinett der Stadt Winterthur sowie als Fundmünzbearbeiter in den Kantonen Zürich und Sankt Gallen sowie in den Bundesländern Saarland und Niedersachsen hinterließ Werz weitreichende Spuren in der numismatischen Wissenschaft. Seine Gipsabrucksammlung vermachte er der Universität Münster, wo sie nun durch die Forschungsstelle Antike Numismatik betreut wird (Abb. 6). Die Forschungsstelle sprach anschließend ihren Dank für dieses Erbe aus und ermutigt interessierte Wissenschaftler*innen zur Nutzung dieser herausragenden Sammlung. Der langanhaltende Applaus, der auf Franklins Beitrag folgte, verdeutlichte, von welcher Bedeutung Ulrich Werz für die deutschsprachige Numismatik war und ist.

 

Abb. 6: Beispielladen der Sammlung Werz mit Gipsabgüssen und Experimentier-Gegenstempelungen

In Ergänzung folgte dazu ein kurzweiliger Vortrag von Maya Lerner (Uni Wien) und Max Resch (Münzkabinett, Staatliche Museen zu Berlin) unter dem Titel »Halbierungen, Einhiebe und Gegenstempel. Eine experimentelle Untersuchung sekundärer Merkmale römischer Fundmünzen«. In einem experimentellen Versuch auf dem Gelände des MAMUZ in Asparn/Zaya in Niederösterreich haben die beiden Vortragenden zusammen mit Benedikt Prokisch (Universität Wien) anhand von 36 modernen Münzen eine Versuchsreihe zu sekundären Merkmalen auf Buntmetall-Fundmünzen augusteischer Militärplätze, insbesondere Kalkriese und Haltern, unternommen.

Durch die Benutzung verschiedener Meißel und Punzen, die je nach Gebrauchsweise andere Abdrücke hinterließen und der Möglichkeit, die Werkzeuge vor Ort anzupassen, ergab sich eine kleine Versuchsreihe, in deren laufender Auswertung sich zeigte, dass der Aufwand zur Herstellung sekundärer Merkmale geringer ausfällt als bislang gedacht und auch keine spezielle Infrastruktur benötigt wurde. Die Halbierungen von Münzen wird wahrscheinlich auf Kleingeldmangel zurückzuführen sein, während es für die zwei verschiedenen Arten von Einhieben bisher keine eindeutige Erklärung gibt (Abb. 7). Die Versuche, Gegenstempel auf modernen Münzen anzubringen, gestalteten sich am schwierigsten, da der Rahmen der Punzen keinen Abdruck hinterließ. Ob dies mit der Herstellung der modernen Münzen oder der Technik zusammenhängt, konnte bisher noch nicht geklärt werden. Folgeprojekte innerhalb der experimentellen Numismatik und eine wissenschaftliche Einbettung sind nächste Schritte dieser ersten Versuchsreihe.

Abb. 7: Kupfermünze Maria Theresias mit allen drei versuchten sekundären Merkmalen: Einhiebe auf dem Avers, Gegenstempel auf dem Avers (VAR) und Revers (IMP mit lituus) und Halbierung.Kupfermünze Maria Theresias mit allen drei versuchten sekundären Merkmalen: Einhiebe auf dem Avers, Gegenstempel auf dem Avers (VAR) und Revers (IMP mit lituus) und Halbierung.

Weiter ging es mit der letzten Sektion »Nachantike« und einem Vortrag von Stefan Moeller (Halle) zum Thema »Subaerate byzantinische Goldmünzen – ein Überblick mit Deutungsversuch«. Dieser nahm direkten Bezug auf den Abendvortrag des 13. TAN aus dem Jahr 2018 von Prof. Dr. Aleksander Bursche. Die deutlich zu kleinen und zu leichten Nachahmungen von Goldmünzen kommen in byzantinischer Zeit seit dem 8. Jh. n. Chr. vor und bestehen als konstante Parallelprägungen bis zur Währungsreform 1092 n. Chr. Bis ins 14. Jahrhundert lassen sich Subaerate in Gold und Silber nachweisen. Diese ständige Präsenz, die auch Verfärbungen der Originale aufgrund von Wertverfall mitmacht, sowie die kontinuierliche Nutzung als Schmuck oder Anhänger führt zu der Vermutung, dass es sich bei den Nachahmungen weder um kriminelle Fälschungen noch um staatlich manipulierte Emissionen handeln kann. Ein neuer Ansatz ist es daher, Subaerate als staatlich subventionierte Tokenprägung anzusehen, die als Donative, Tauschmittel und Eintritts-, oder Spendenmünze in den Umlauf kamen und als Erinnerungsstücke im heutigen Fundgut auftauchen. Dafür spricht außerdem, dass es keine bekannten Subaerate in Hortfunden gibt. Schriftquellen, die eine solche Tokenprägung erwähnen sind allerdings auch nicht bekannt.

Zum Abschluss präsentierte Huda Subeh (Hamburg/Göttingen) in ihrem Vortrag »Der Geldumlauf in Antiochia im frühislamischen Reich« die Ergebnisse ihrer Dissertation. Sie untersuchte die Entwicklung des Münzumlaufes während des Wechsels von byzantinischer zu islamischer Herrschaft. Antiochia liegt im Nordwesten des historischen Syriens, am südlichen Ufer des Orontes, und war ehemals Hauptstadt der römischen Provinz Syria und darauffolgend spätantiker Herrschersitz. Nach der arabisch-islamischen Eroberung im 7. Jh. war die Stadt nunmehr kein zentraler Knotenpunkt innerhalb des byzantinischen Reiches, sondern lag in den Grenzprovinzen des islamischen Reiches. Antiochia wurde eine wichtige Grenzbefestigung für die Erhebung von Truppen gegen die Byzantiner. Unter den ersten vier Kalifen wurde aš-Šām, das historische Syria, untergliedert und Antiochia wurde zu einem aǧnād (Militärlager) innerhalb des ǧundes Ḥimṣ (militärische Verwaltungseinheit Homs). Unter den Umayyaden blieb die Stadt, die nun zum ǧund Qinnasrīn gehörte, eine zentrale Militärbasis für Feldzüge in byzantinische Gebiete. Die erste islamische Münzprägung setzt dort unter dem umayyadischen Kalifen ʿAbd al-Malik ca. 74–77 H. (693–696 n. Chr.) ein. Der Münztyp des Stehenden Kalifen der ersten Reformphase ist mit drei Exemplaren und einem Stempelpaar belegt. Die zweite Phase mit einem reinen epigraphischen Münztyp ist 90–120 H. (708–738 n. Chr.) mit sieben Exemplaren und vier Stempelpaaren nachgewiesen. Für die Umayyadenzeit sind in Antiochia nur Bronzeprägungen überliefert, die in einem lokalen, arabischen Gebiet umlaufen.

 

Auch in diesem Jahr wurde die Teilnahme junger Numismatiker*innen am TAN durch die Numismatische Kommission gefördert (Abb. 8). Den Reisekostenzuschuss erhielten diesmal David Eibeck (Mainz), Uli René Fischer und Timo Müller (beide Frankfurt), Marleen Schmidt (Halle), und Leopold Vetter (Passau). Wir hoffen, dass sie dadurch in ihrem Interesse an der antiken Münzwissenschaft bestärkt wurden!

 

Abb. 8: Reisestipendiat*innen der Numismatischen Kommission (v.l.n.r.) David Eibeck, Leopold Vetter, Marleen Schmidt, Uli René Fischer und Timo Müller

Zwischen den spannenden Vorträgen konnten die Besucher*innen in den Pausen interessante Poster (Abb. 9) bestaunen. Dazu zählten Beiträge von Bernhard Weisser und Alexandra Busch (Berlin/Mainz, im Rahmen von NFDI4objects: »Task Area 2: Datenkuratierung im Sammlungskontext«) sowie der Gruppe Max Römelt, Georg Schaaf und David Wieczorek (Münster, »Pseudo-byzantinische Münzprägung aus den Anfängen der arabischen Herrschaft in Syrien«).

Abb. 9: Postersektion mit Max Römelt und Georg D. Schaaf

Auf dem 17. Tag der Antiken Numismatik wurden nicht nur neue wissenschaftliche Erkenntnisse präsentiert. So kündigte Fleur Kemmers den 17. Internationalen Numismatischen Kongress an und stellte dessen gerade entwickeltes Logo (Abb. 10) erstmalig der Öffentlichkeit vor. Der große Kongress wird vom 12. bis 17. September 2027 in Frankfurt stattfinden.

 
Abb. 10: Logo des 17. Internationalen Numismatischen Kongresses 2027 in Frankfurt

Wer sich bis dahin nicht gedulden kann, ist herzlich zum nächsten TAN 2024 in Münster eingeladen!

 

Bildnachweise: Abb. 1 und 3: Michael Fehlauer; Abb. 2: Nationalmuseum Kopenhagen, Inv. Nr. 278875, Foto Andreas Mogensen, Kongelige Mønt- og Medalliesamling, Nationalmuseet; Abb. 4: KHM Wien, Inv. Nr. GR 16015, Foto: Photoatelier; Abb. 5: Claire Franklin Werz; Abb. 6: Nike Elsbroeck; Abb. 7: Benedikt Prokisch; Abb. 8 und 9: Foto Jessica Schellig; Abb. 10: © International Numismatic Council. Personenfotos: Michael Fehlauer und Jessica Schellig. TAN-Poster/Eingangsbild: Katharina Martin unter Nutzung einer Bronzemünze aus dem böotischen Tanagra (CNG, Triton IX [10.01.2006] Nr. 307)



[1] U. Werz, Mit Kochlöffel und Zahnbürste. Zur Abformung von Münzen und Kleinobjekten, Schweizer Münzblätter 59, 2009, 46–60.

[2] U. Werz, Gegenstempel auf Aesprägungen der frühen römischen Kaiserzeit im Rheingebiet. Grundlagen, Systematik, Typologie I–V (Winterthur 2009).