Christlich-sozialethische Beiträge zu den wohnraumpolitischen Debatten der Bundesrepublik
DOI:
https://doi.org/10.17879/jcsw-2021-3550Abstract
Die Wohnraumfrage stellt sich als drängende Gerechtigkeitsfrage in gegenwärtigen gesellschaftspolitischen Debatten, zu der sich die beiden großen Kirchen und die konfessionellen
Theologien sozialethisch zu verhalten haben. Dabei kann an zeitgeschichtliche Diskurse angeknüpft werden, denn parallel zu politischen Konjunkturen des Themas haben sich die Vertreter der christlichen Sozialethik, fußend auf ihrem je konfessionell spezifischen Eigentumsverständnis, v. a. bis in die 1970er Jahre intensiv mit boden- und wohnungspolitischen Einwürfen zu Wort gemeldet. Schwerpunkte bildeten die Förderung des familiengerechten Eigenheims sowie Bodenreformansätze. Nach einem Abebben der Debatte ab den 1980er Jahren ist seit rund einer Dekade wieder eine intensivierteReflexion des Themas zu verzeichnen. In der Sozialethik ist dies nicht zuletzt die Folge eines „spatial turn“, aber auch neuere kirchliche Veröffentlichungen zur gegenwärtigen Wohnraumfragen zeugen von einem wiedererstarkten Interesse. Inhaltlich präsentiert sich die jüngere Diskussion weniger eigentumszentriert und stärker struktur-, gerechtigkeits- und nachhaltigkeitsorientiert, etwa durch die Reflexion von Divergenzen und Disparitäten zwischen städtischen und ländlichen Regionen, im Vergleich boomender und zunehmend abgehängter Regionen, von Gentrifizierungsprozessen und unter Einbezug sozialökologischer Kriterien. In der Sprache der Menschenrechte wird ein individuelles Grundrecht auf Wohnen diskutiert und in seiner Bedeutung für die Gesamtgesellschaft und ökologische Zusammenhänge thematisiert.