Theologie der Sozialethik im Blick auf die Praxis gelebter Freiheit
DOI:
https://doi.org/10.17879/jcsw-2022-4407Abstract
Im Schatten des Natur- und Vernunftrechts sowie des menschenrechtlichen Ansatzes gibt es in der Sozialethik eine starke Tradition der Abstinenz von explizit theologischen Argumenten. Demgegenüber wird methodisch eine Zweisprachigkeit hinsichtlich der Verknüpfung theologischer und säkularer Sprachformen gefordert. Diese dient nicht nur der Verständlichkeit nach außen, sondern auch der human- und sozialwissenschaftlichen Überprüfung und Konkretion theologischer Normen. Der christliche Glaube wird also nicht als irrationaler Antagonist des Wissens verstanden, sondern als ethisch relevante, kritisierende, motivierende und integrierende Sinnperspektive und wissensermöglichende Lebensform. Das Theologische der Sozialethik ist nicht als alternative Begründung zu verstehen, sondern ergibt sich aus der Reflexion der Praxis gelebter Freiheit. Die Tradition des Humanismus im Schnittfeld zwischen Theologie und philosophischer Anthropologie kann dabei helfen, in neuer Weise die Relevanz der befreienden Dimension des christlichen Glaubens und seine Ausrichtung auf gelingendes Menschsein zu entdecken. Dabei bringt die Kontingenz und Selbstgefährdung des Projekts der Moderne eine neue Dringlichkeit der Vergewisserung hinsichtlich seiner normativen und theologischen Grundlagen jenseits einer Erfüllung im Diesseits hervor. In diesem Suchprozess erweist sich Christliche Sozialethik als eine originäre Form der Gottesrede.