Ich bin als Praktikant in einem Zirkusprojekt in Granada, Nicaragua tätig. In vielerlei Hinsicht gleicht das Projekt einem Zirkus. Die Artisten reisen jährlich durch Europa (auch sogar nach Münster), um unter anderem für das Projekt Geld zu sammeln. Sie treten auch regelmäßig in Granada auf. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, den Kindern Granadas zu helfen. Nach der Schule können die Kinder an verschiedenen Workshops wie Theater, Jonglieren, Einrad fahren, Fotographieren, Handarbeiten oder Artistik teilnehmen.
Ich hatte mich für dieses Projekt entschieden, da ich es gut finde, dass die Kinder etwas Sinnvolles zu tun haben. So sind sie weniger auf der Straße und kommen wahrscheinlich auch weniger mit Kriminalität und Problemen in Berührung. Darüber hinaus gibt das Projekt den Kindern die Möglichkeit sich künstlerisch zu betätigen. Auch hilft es, eigene Talente zu entdecken und eine Persönlichkeit zu entwickeln.
Diesen Bereichen wird hier sonst nicht allzu viel Aufmerksamkeit geschenkt. In der Schule gibt es keine Fächer wie Kunst oder Musik und der Unterricht ist wenig auf kreative Eigenleistung ausgelegt. Jungs werden allgemein anders erzogen als Mädchen. Um den Sohn nicht zu ,,verweichlichen“, werden sie oft strenger von den Eltern behandelt. Man könnte an dieser Stelle die These aufstellen, ob unter anderem dadurch die Weichen des in der Gesellschaft präsenten Machismo gelegt werden. Es wird zumindest eher erwartet, ein gesellschaftliches Bild zu erfüllen.
Früher hat das Projekt Spenden aus der Schweiz empfangen, sodass jedes Kind ein Mittagessen bekommen konnte. Seitdem die Gelder jedoch gestrichen wurden, ist dies leider nicht mehr möglich. Die Kinder kommen jedoch trotzdem gerne. Dies liegt auch an dem tristen Umfeld. Das Projekt befindet sich in einer armen Gegend auf dem Land, außerhalb von Granada. Unten auf dem Foto kann man ein paar Hütten mancher Schüler erkennen. Hier scheint der Kosmos sehr klein zu sein. Die Kinder machen den Anschein, kaum Kontakt zur Welt außerhalb des Dorfes zu haben. Deswegen ist es auch sehr schwer, den Schülern Englischkenntnisse zu vermitteln. Es wird meist keine Notwendigkeit für die Sprache gesehen und verstanden, da die Kinder fast nie mit der Sprache in Kontakt kommen. So ist es auch eine neue Erfahrung für sie, dass ein Weißer nach Nicaragua kommt, der mehr Englisch als Spanisch spricht. Mit Spielen und englischen Liedern kommt man jedoch auch gegen den größten Unmut an.
Die Schüler sind ca. 6 – 13 Jahre alt. Manch ein Kind scheint nicht verstanden zu haben, dass der Zustand des Kindseins nicht ewig anhält. So reagieren mehrere Kinder zunächst verwirrt auf die Frage, was sie später einmal werden möchten. Ein Kind antwortete, es wolle ein Elefant sein – Hauptsache irgendetwas Großes.
Ich kann mich gut in das Projekt einbringen – trotz anfänglicher Sprachbarrieren. Man benutzt in Nicaragua, im Vergleich zum Castellano-Spanisch, gerne andere Wörter, Formen und teils sogar Regeln. So lässt man allgemein das letzte S eines Wortes weg, weswegen ich hier nun öfters auch Nicola heiße. Neben Englischunterricht mache ich vor allem kleine Spiele, Musik, Singen, Improvisationsspiele und Theaterübungen mit den Schüler/innen. Dies kommt in der Regel sehr gut an und die Schüler sind meistens motiviert. Immerhin kommen sie auch freiwillig in das Projekt. Pro Tag betreue ich 3 Gruppen (mit ca. 8-15 Kindern) für je eine Zeitstunde. Vormittags bereite ich die Gruppen meist vor.
Manche Kinder sind sehr schüchtern und schämen sich bei manchen Übungen schnell. Ich finde es wichtig, dass die Kinder Selbstsicherheit entwickeln und auch über sich selbst lachen können. Am besten geht man mit einem Beispiel voran, macht Späße und bringt die Schüler zum Lachen.
Auch wenn die Kinder in einem sehr armen Kontext aufwachsen, so sind die meisten erfolgreich im Freude ausdrücken und lachen. Wenn ich im Projekt bin, habe ich zumindest nicht den Eindruck, dass sie arm sind.
Hallo Nicolas,
ich wollte mal fragen, wie du an das Praktikum rangekommen bist?
Bin nähmlich grad auf der Suche nach einem Praktikumsplatz oder einem Ort für Freiwilligenarbeit in Verbindung mit Zirkus und Theater.
Würde mich über einen Tip sehr freuen. 😉
Mit freundlichen Grüßen
Mascha H.
Hallo Mascha,
die Organisation heißt proyecto mosaíco. Es ist eine deutsche Organisation mit Sitz in Granda, Nicaragua. Kann ich nur empfehlen 🙂
LG
Nicolas