Für mein Forschungspraktikum bin im am Institut für Analytische Biochemie, welches sich im ERIBA-Gebäude des UMCG (Universitätskrankenhaus) befindet. Das Gebäude ist ziemlich neu und das Institut befindet sich im 6. Stock. Von meinem Schreibtisch aus habe ich einen tollen Blick über Groningen und das Labor ist durch Dachflächenfenster meist sonnenlichtgeflutet. Ich hätte es selber nicht geglaubt, aber jetzt wo es wieder früher dunkel wird ist es echt toll, wenn man quasi unter der Sonne arbeiten kann.
In meinem ersten Beitrag habe ich viel über die Unterschiede zwischen uns und unseren Nachbarn berichtet. So unterschiedlich wir auch in unserer Freizeit oder bei den Essensgewohnheiten sind umso ähnlicher ist der Arbeitsalltag eines (angehenden) Wissenschaftlers. Meetings mit Kooperationspartnern und dem Professor oder Austausch mit Kollegen sind genauso an der Tagensordnung wie die Planung von Experimenten und die Verteilung von Messzeit an den Instrumenten. Das Einzige was sich deutlich unterscheidet ist, dass um 11:30 nicht der ganze Arbeitskreis zur Mensa aufbricht (ich hatte das Hagelslag-Mysterium ja bereits beschrieben) ;-).
Zwar arbeite ich natürlich an einem für mich neuen Thema aber die Methoden im Labor sind doch nahezu identisch, was natürlich daran liegt, dass viele Methoden jahrelang etabliert wurden. Meine Experimente kann ich nahezu komplett selbstständig planen, die Absprachen zur Nutzung von Geräten sind sowohl innerhalb des Instituts als auch anderen Instituten sehr unkompliziert. Bei Problemen oder Fragen hat meine Betreuerin immer ein offenes Ohr für mich, aber die selbständige Planung meiner Experimente ist eine gute Vorbereitung für meine Masterarbeit.
Ausserdem wurde meine Frustrationsgrenze hier sehr stark auf die Probe gestellt und ich konnte gleich beweisen wie ich mich im normalen Alltag eines Naturwissenschafters schlage, denn es gab einige Probleme wobei wir auf viele davon keinen Einfluss hatten. In meinem Projekt habe ich mich mit der Suche nach geeigneten Biomarkern für Gebährmutterhalskrebs beschäftigt und dafür eine Methode entwickelt, welche auf einem Nachweis mit Antikörpern beruht. Neben nicht kompatiblen oder stark unspezifisch bindenen Antikörpern hatten wir auch mit langen Lieferzeiten und einer Feiertagswoche in China zu kämpfen. So waren wir eigentlich die gesamte Zeit unter Zeitdruck.
Ich weiß nicht wie es in anderen Studiengängen aussieht, aber die meisten Naturwissenschaftler unter euch werden es vermutlich verstehen. Es ist (zumindest für mich) hundertmal einfacher auf Englisch über die Arbeit zu reden. Fast die gesamte Literatur ist auf Englisch, wodurch man gleich alle richtigen Vokabeln hat und außerdem gibt es oft einfach gar keine Übersetzung die eine Sache so auf den Punkt trifft wie das englische Original.
So habe ich schon öfter festgestellt, dass es mir sehr leicht fällt über Massenspektrometrie oder Western Blots zu reden, aber wenn ich über die Zustände in meiner WG-Küche reden möchte, muss ich Wörter wie “ekelig”, “Lappen” oder “schimmelig” erst nachschlagen.
Während meines Aufenthalts in Groningen habe ich mittlerweile mit Studenten aus vielen verschiedenen Ländern gesprochen und dabei immer wieder festgestellt, dass das Konzept des Masters (Chemie) in Münster echt ziemlich gut ist. Neben der starken Verknüpfung zwischen Theorie und Praxis ist es auch sehr leicht möglich einen Forschungsaufenthalt im Ausland zu integrieren.
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