• Menu
  • Menu

Vom Leben in einem sambischen Dorf, Komplikationen und ersten Ergebnissen unseres Projektes

Jetzt habe ich euch doch länger auf meinen nächsten Blogeintrag warten lassen als es geplant war. Aber ich war die letzten Wochen so gut beschäftigt, dass ich einfach keine Ruhe gefunden habe mich an meinen Computer zu setzen, um einen weiteren Blogeintrag zu schreiben. Außerdem wollte ich die Zeit hier auch noch genießen und zum Beispiel ein paar Freunde nochmal wiedersehen, da es ja jetzt ganz bald auch schon wieder nach Hause geht. Davor möchte ich aber zumindest nochmal kurz ein bisschen über alles, was mich die letzten Wochen so beschäftigt gehalten hat, berichten.

Wie ich schon im letzten Blogeintrag geschrieben habe, fahre ich jeden Tag mit zwei Kollegen in ein Dorf in der Umgebung. Hierfür haben wir Listen mit den Kindern in den jeweiligen Dörfern erstellt, die unter fünf Jahren alt sind und Unterernährung haben – idealerweise sollen nämlich genau diese Kinder an unserem Programm teilnehmen. Mithilfe dieser Liste heißt es dann morgens erst einmal „packen“: Fragebögen drucken und zählen (das habe ich allerdings meistens schon am Vortag gemacht, weil auf den Strom nicht immer Verlass ist), checken, ob die Bremsen an den Fahrrädern noch funktionieren, Onenepa einpacken, Löffel, Gabeln, Waagen, Moringa-Pflanzen… Das nimmt immer schon ein bisschen Zeit in Anspruch und bis dann die Kollegen, mit denen ich in die Dörfer fahre, alle da sind, ist es meistens 8 Uhr oder 8:30 Uhr. Angefangen haben wir schon um 7 Uhr 😉 Je nach Entfernung des jeweiligen Dorfes sind wir dann zwischen 30 Minuten und anderthalb Stunden mit dem Fahrrad unterwegs. Im Dorf angekommen suchen wir erstmal den Headman oder aber die Chairlady des Women Clubs. Diese haben uns bei unserem ersten Besuch geholfen einen Platz zu finden, an dem wir die Mütter mit ihren Kindern treffen konnten und an dem es eine Möglichkeit gibt die Waage an einem Baum aufzuhängen. Idealerweise liegt dieser Platz dann auch noch im Schatten – das ist für alle angenehmer und ich muss mich nicht fünfmal, sondern nur dreimal mit Sonnenschutz eincremen. Der Treffpunkt ist dann bei den folgenden Besuchen derselbe geblieben. Das hat das Prozedere etwas einfacher gemacht. Zumindest war das der Plan…

Eigentlich waren die Dörfer und somit auch die entsprechenden Mütter darüber informiert, wann wir kommen, und sollten sich an dem jeweiligen Tag an unserem Treffpunkt versammeln. Mit festen Zeiten ist das hier aber ein bisschen schwierig. Erstens besitzen die meisten Leute keine Uhren, zweitens wird auch bei der Anwesenheit einer Uhr nicht sonderlich viel Wert auf Pünktlichkeit gelegt, und drittens war es für uns auch schwer zu sagen, wann wir im Dorf ankommen. Man weiß ja nie, wann man loskommt und was dann auf dem Weg noch dazwischenkommt (von Fahrradreparaturen, über Bekannte, die man trifft bis hin zu Passagen, die man wegen zu tiefem Sand oder nicht funktionierenden Bremsen, schieben muss). Deshalb haben die Mütter die Information bekommen, sich einfach morgens gegen 9 Uhr zu treffen. Wie hilfreich diese Information ist, weiß man vorher nie: im einen Dorf geht der Plan tatsächlich auf und zumindest der Großteil der Mütter wartet auf uns, wenn wir ankommen. Im nächsten Dorf finden wir niemanden und müssten somit erstmal anderthalb Stunden warten bis die Mütter und ihre Kinder nach und nach alle eingetrudelt sind. Wiederum in einem anderen Dorf erfahren wir, dass die Mütter seit 7 Uhr auf uns gewartet haben und dann wieder nach Hause gegangen sind. Oder es kommt eine Beerdigung dazwischen oder „Village-Work“. Bei Beerdigungen können wir direkt wieder umdrehen, da sie einen super hohen Stellenwert haben und das ganze Dorf an der Beerdigung teilnimmt. Leider habe ich während meiner Zeit hier in Sambia von super vielen Beerdigungen mitbekommen (auch von vielen Menschen in meinem Alter). „Village-Work“ wird vom Headman festgesetzt und alle Dorfbewohner sind dazu verpflichtet mitzuhelfen. Eine meiner Kolleginnen hat mir erklärt, dass alle, die nicht helfen, bestraft werden. Wie so eine Bestrafung genau aussieht, hängt wohl sehr stark vom Dorf ab. Nur kleine Kinder und sehr alte oder kranke Dorfbewohner sowie hochschwangere Frauen sind von dieser Auflage befreit. Wenn wir in ein Dorf kommen und dort erfahren, dass heute „Village-Work“ ansteht, kann sich unsere Wartezeit also auch schnell mal auf zwei bis drei Stunden ausdehnen. Das mal als kleiner Eindruck zu Komplikationen bei Absprachen.

Wenn dann aber die Mütter mit ihren Kindern am Treffpunkt ankommen, kann es endlich losgehen. Je nachdem, ob es sich um das erste Treffen oder eines der darauffolgenden handelt, sieht das Programm dann ein bisschen unterschiedlich aus. Beim ersten Treffen stellen wir uns und das, was wir machen, natürlich erst einmal vor. Dann erklären wir den Müttern den Verlauf und die Dauer des ganzen Projektes und vor allem, wie sie den Kindern das Nahrungsergänzungsmittel geben sollen. Außerdem findet eine erste kleine Unterrichtseinheit über eine ausgewogene Ernährung statt. Anschließend wird im Einzelgespräch mit jeder Mutter ein kurzes Interview durchgeführt. Während des Interviews ist es meine Aufgabe das Verhalten der Kinder und vor allem auch deren Interaktion mit der Mutter, mit uns oder mit anderen Kindern zu beobachten und zu dokumentieren. Dieser Teil bleibt über all unsere Besuche in den Dörfern beibehalten, nur dass sich die Inhalte der Fragebögen natürlich ändern. Beim zweiten, dritten und vierten Besuch geht es hauptsächlich um das Erfassen eines Essens-Tagebuchs, während beim ersten Termin eher biografische Daten erhoben werden. Anschließend an das Interview werden die Kinder dann gewogen und die Mütter bekommen das Onenepa für die nächste Woche ausgeteilt.

Zusätzlich zu den Besuchen in den Dörfern an sich, steht natürlich ziemlich viel Arbeit in Bezug auf die Datenanalyse an. Damit war ich vor allem in den letzten Tagen sehr viel beschäftigt, weil während der letzten Wochen einiges auf der Strecke geblieben ist, weil die Trips in die Dörfer oft länger gedauert haben und nachmittags einfach nicht mehr so viel Zeit war. Alle Daten und alle Infos aus den Fragebögen per Hand in eine Excel-Tabelle zu tippen braucht eben doch seine Zeit. Hinzu kommt dann noch das Schreiben von Berichten für die Spender des Crowdfundings und die Auseinandersetzung mit den Daten, um Schlüsse zu ziehen. Hier vielleicht ein paar Daten, die euch interessieren könnten: wir haben insgesamt knapp 240 Kinder, die an dem Programm teilnehmen und diese sind im Schnitt 30 Monate alt. In Sambia hat jede Frau im Schnitt sechs Kinder, Tendenz sinkend. Das spiegelt sich in unseren Daten auch ganz gut wieder, da in den Familien der Großmütter oft zwischen acht und 14 Kinder gelebt haben, bei den Müttern waren es dann schon eher sieben bis neun. Bei den Teilnehmern an unserer Studie haben die Mütter im Schnitt zum jetzigen Zeitpunkt 3,3 Kinder. Ich sage betone bewusst „zum jetzigen Zeitpunkt“, weil die meisten Mütter noch ziemlich jung sind und mit Sicherheit noch das ein oder andere Kind bekommen werden. Auch interessant bzw. ein bisschen erschreckend ist, wie früh Frauen ihr erstes Kind bekommen. Eigentlich muss man eher von Jugendlichen sprechen – bei unseren Erhebungen haben die Mütter im Schnitt angegeben ihr erstes Kind im Alter von 17,5 bekommen zu haben. Was erfreulich ist, dass wir beim bisherigen Stand der Daten eine durchschnittliche Gewichtszunahme von circa 600 Gramm pro Kind erreichen konnten. Das mag vielleicht wenig klingen, ist aber meines Erachtens bei den Umständen hier und der kurzen Zeit ein echter Erfolg, da vor allem unreines Wasser immer wieder zu Durchfallkrankheiten führt und damit selbstverständlich Gewichtsverluste einhergehen. Außerdem haben fast alle Mütter angegeben, dass ihre Kinder mehr Appetit haben.

Leider habe ich in den Dörfern auch schon viele Kinder gesehen, deren Zustand echt kritisch ist. Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir ein Kind, welches gerade einmal 5,5 kg wiegt und schon anderthalb Jahre alt ist. In solchen Fällen habe ich dann wirklich Bedenken, dass die Kinder eine nächste Erkältung nicht überleben, weil sie einfach viel zu schwach sind. Ein anderes Beispiel ist ein sechsjähriges Mädchen, welches wir in unser Programm aufgenommen haben, obwohl sie schon über fünf Jahre alt ist, weil sie nur 12 kg auf die Waage gebracht hat. Ebenfalls erschreckend fand ich, wie viele Eltern gar nicht oder nur sehr kurz zur Schule gegangen sind. Da scheitert es dann leider doch oft noch an fehlenden finanziellen Mitteln für die Anschaffung einer Schuluniform, zu langen oder in der Regenzeit nicht passierbaren Wegen zur nächsten Schule oder aber der Einsicht, dass Bildung wichtig ist und immer wichtiger wird.

Ich hoffe ich konnte euch einen etwas besseren Einblick in meine Arbeit geben als beim letzten Mal. Natürlich decken die Infos noch lange nicht alles ab und ich könnte jetzt noch ewig weiterschreiben und über Anekdoten berichten. Aus Zeitgründen nur noch eine weitere Erfahrung zum Schluss: das Problem von Geburtstagen und Alter 😉 Hier in Sambia und vor allem in den ländlicheren Regionen wird wirklich wenig bis gar kein Wert auf Geburtstage gelegt. Folglich war es oft eine wirkliche Tortur mit den Müttern und anderen Verwandten zusammen das Alter der Mütter oder Großmütter herauszufinden oder zum Beispiel auszurechnen, wie alt die Mutter bei der Geburt ihres ersten Kindes war. In manchen Fällen wissen wir leider immer noch nicht über das Alter Bescheid und es wird uns wohl auch immer ein Rätsel bleiben 😉

 

Luisa

Lassen Sie einen Kommentar da

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert