Obwohl ich hier an einem Internat angestellt bin, ist mein Arbeitsalltag ziemlich genau der einer Lehrerin. Morgens frühstücke ich in der Schule und gehe dann zu Assemblies oder zu Form times, was bedeutet, dass die Klassen in ihren Räumen sind und mit ihren Tutoren still arbeiten oder Dinge klären.
Form time beginnt um zwanzig nach acht und um neun fängt die erste Unterrichtsstunde an. Um zehn gibt es eine kleine Pause und um halb eins gibt es Mittagessen. Danach ist von halb zwei bis vier Uhr erneut Unterricht und im Anschluss gibt es Clubs und Aktivitäten. Auch in der Mittagspause gibt es Aktivitäten, die von den Lehrern geleitet werden. Um sechs Uhr ist der offizielle Schultag vorüber und die Tageskinder werden von Bussen oder ihren Eltern abgeholt. Die „Boarder“ essen zu Abend und gehen im Anschluss in ihre Wohnhäuser. Hier beginnt der einzige Unterschied zum normalen Lehrerdasein, meine Schichten in den Wohnhäusern. Wenn ich “boarding duties” habe, ist das der Zeitpunkt, an dem ich meine Schicht anfange. Ich begleite die Mädchen zu ihren Wohnhäusern und abhängig vom Alter der Kinder helfe ich mit den Hausaufgaben, beim fertig machen für’s Bett oder rede einfach nur mit ihnen. Manchmal wird ein Film geschaut oder es gibt eine besondere Aktion wie Backen oder Basteln.
Wenn die Mädchen dann alle auf einer Liste abgehakt und im Bett sind, ist meine Schicht vorbei und ich kann ebenfalls ins Bett gehen. Die Wohnhäuser haben einen Extraraum für diese Schichten. Nur die Mädchen in der 6th Form, die also in der 12ten und 13ten Klasse sind, haben keine festen Bettzeiten. Aber auch ihre Anwesenheit wird um etwa zehn Uhr überprüft und dann ist die Schicht zu Ende.
Am nächsten Morgen werden die Kinder um circa sieben Uhr geweckt und um halb acht geht man gemeinsam zum Frühstück und dann geht das Ganze von vorne los. Sofern man einen vollen Tag Unterricht hat und anschließend Boarding-Schicht, kann das ganz schön anstrengend sein am nächsten Tag. Die erste Woche an der Schule war ich permanent übermüdet und konnte mich zu nichts aufraffen, aber in der zweiten Woche gewöhnte ich mich langsam an den Rhythmus. Jetzt ist es eigentlich kaum noch ein Problem. Am Ende der Woche ist man zwar erschöpft, aber man kommt ganz gut durch. Allerdings bleibt zwischen dem normalen Unterrichtsalltag und den Schichten in den Wohnhäusern kaum noch Freizeit, da ich auch häufig Schichten am Wochenende übernehme, da diese mir im Gegensatz zu allem anderen bezahlt werden.
Der Unterricht in Deutsch findet meist in sehr kleinen Gruppen statt, da es ein Wahlfach ist. Unsere kleinste Gruppe besteht aus sechs Schülern in der 12ten Klasse, es gab aber auch schon 12te Jahrgänge, in denen nur zwei Schüler Deutsch gewählt haben. Der Unterricht ist immer an ein Lehrbuch gebunden und freie Themenwahl gibt es nicht, da alle Themen in den Prüfungen festgelegt sind. Das ist etwas frustrierend, da die Lehrbücher oft sehr alt sind und die Themen nicht mehr aktuell. Gerade was Technik angeht, ist es kaum noch interessant für die Schülerinnen, denn im Zeitalter von iPads will kaum noch einer über eine in „Zukunft“ größere Anzahl von Fernsehkanälen reden. Und trotzdem muss es getan werden, damit das Vokabular vorhanden ist. Allerdings steht wohl eine Erneuerung der Lehrpläne an, die das ganze etwas lockerer und flexibler gestalten soll.
Es wird großen Wert auf Sprachvermögen gelegt, das mündliche Niveau der Schülerinnen ist sehr hoch! Zugleich gibt es allerdings keine Noten für mündliche Mitarbeit und auch die Hausaufgaben sind recht zahm, Analysen oder längere Texte und auch Klassenarbeiten werden kaum oder gar nicht geschrieben. Trotzdem schaffen es die Schüler teilweise nicht rechtzeitig ihre Hausaufgaben zu erledigen, weil ihre Tage sehr voll und manchmal auch stressig und lang sind. In diesen Fällen gibt es meist eher eine erneute Verhandlung um den Abgabezeitpunkt, aber Konsequenzen gibt es selten.
Die Schülerinnen sind allesamt höflich, freundlich und motiviert. Nur selten gibt es wirklich Probleme mit einer Schülerin und dann werden meist alle Beteiligten einbezogen, um die Ursache zu finden. In dieser Hinsicht ist die Schule sehr weit fortgeschritten. Gleichzeitig wären Konsequenzen hin und wieder sicherlich auch gar nicht so schlecht manchmal.
Das Arbeitsklima unter den Kollegen ist total gut und wenn man Unterstützung braucht, ist immer jemand da, der helfen kann. Besonders das habe ich unheimlich zu schätzen gelernt, man kann jeden um Hilfe bitten und alle tun ihr Bestes. Als Anfänger in diesem Beruf ist das ein sehr großer Vorteil, besonders wenn man vielleicht einfach nur einen guten Rat braucht.
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