Vor bald 13 Wochen ging für mich die große Reise los, 3 1/2 Monate in Tuamgraney. Ich habe früh aufgehört zu zählen, wie oft man mich gefragt hat, ob dieser Ort wohl mehr Schafe als Einwohner haben wird. In Tuamgraney liegt meine Praktikumsschule, der Ort meiner Gastfamilie heißt Ballina und hier hat man zumindest 2 Supermärkte und einige Cafes und Bars. Alles also gar nicht sooo klein wie vorher befürchtet.
Die Orte liegen nördlich von Limerick, direkt am River Shanon und quasi im zentralsten Irland. Von hier ist gefühlt alles innerhalb von maximal 2 Stunden erreichbar. Meine Gastfamilie besteht aus einer älteren Dame, ihrer Enkelin und einem weiteren Gastschüler aus England. Dadurch dass wir die erste Kohorte waren, die über die Uni an die Schule gekommen ist, war es nicht einfach eine Familie zu finden und am Ende haben wir wirklich das genommen, was wir finden konnten. Gott sei dank lief das aber alles ganz ordentlich. Ich habe ein sehr entspanntes Verhältnis zu meiner Gastfamilie.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie wir bei der Ankunft den Gastpapa einer anderen Studentin, der gebürtig aus Dublin kommt, meinte, dass im County Clare alle die landen, die sonst nirgendwo einen Platz finden. Meine bisherigen Erfahrungen bestätigen das ziemlich gut und das ist gar nicht negativ gemeint, sondern macht die Region hier eher besonders interessant. Zum einen hat man sehr viele Nationen und Auswanderer unterschiedlicher Generationen, was auch für eine große Auswahl an englischen Akzenten sorgt. Ich hatte tatsächlich vor Abflug die Sorge, dass das tiefst-dörfliche irisch-englisch schwer zu verstehen sein wird, was sich allerdings gar nicht bestätigt hat. Gleichzeitig gibt es hier auch viele Menschen mit Weltbildern, die sehr von meinem persönlichen abweichen. Viele der Leute hier treten einem aber auch sehr offen gegenüber, wodurch es Spaß macht über unterschiedliche Dinge zu diskutieren und Meinungen auszutauschen.
Die Infrastruktur hier ist etwas schlechter/unorganisierter als ich zu Beginn erwartet hatte. Paypal kennen die wenigsten Internetseiten, was Buchungen ohne eigene Kreditkarte natürlich ein wenig erschwert. Es gibt eine Busverbindung nach Limerick, die allerdings nur 4-5 Mal pro Tag fährt und auch nicht wirklich in regelmäßigen Abständen und von den Zugfahrplänen will ich gar nicht erst anfangen… Was hier allerdings dicke, dicke Pluspunkte sind, sind zum einen die Ticketpreise (8€ bis nach Waterford, 2 1/2 Stunden Fahrt) und die Pünktlichkeit, die man von der DB nicht kennt. Wenn man sich also ein wenig dadurchfuchst, kann man hier zu seeehr günstigen Preisen sehr viel vom Land gesehen haben.
Bevor ich hierhergekommen bin, dachte ich, dass die irische Kultur seeeehr viel mehr Parallelen zur britischen Kultur aufweist (weist bitte weder Iren noch Briten darauf hin, dass sich deren irish bzw. english breakfast kaum unterscheidet), was sich auch in gewissen Dingen bestätigen lies, in vielen aber auch nicht. Für Iren spielt beispielsweise ihre Landessprache irish/gaelic eine viel größere Rolle, als mir vorher bewusst war. Beispielsweise ist hier vieles ‘good craic’ wobei craic aus dem irischen kommt und so viel wie Spaß bedeutet. Bisher hatte ich auch das Gefühl, dass Iren eine etwas offenere Lebensweise an den Tag legen. Beispielsweise hat uns in Galway eine Frau dabei helfen wollen, dass Menu eines Restaurants lesen zu können, was draußen hing und mittlerweile völlig verwaschen war. Sie hatte so einen Spaß an der Situation, dass sie irgendwann eine Kellnerin rausholte und um Hilfe bat. Mein Gott konnte diese Frau fluchen, lachen und generell reden 😀 Aber trotzdem wirkte sie irgendwie sympathisch, wenn auch etwas ‘drüber’.
Im Großen und Ganzen muss ich sagen, dass ich wenig Vorurteile vor Abflug hatte, wodurch sich auch wenig wiederlegen oder bestätigen konnte. Ich erlebe aber sehr viel, wodurch ich viel über Land, Leute und aber auch mich selber lernen darf. Es war zwar nicht immer einfach, aber ich freue mich sehr doll auf die letzten 3 1/2 Wochen und alles was dann noch kommt.
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