In diesem Beitrag möchte ich das ÖPNV-System in Lissabon genauer beleuchten. Das Streckennetz ist zwar vor allem im Zentrum gut ausgebaut, aber insbesondere Busfahrten bergen immer wieder Überraschungen.
So auch direkt an meinem vierten Tag nach meiner Ankunft, als ich anstatt der U-Bahn mal den Bus nach Hause nehmen wollte. Schließlich hält der Bus quasi direkt vor meiner Haustür, während ich von der U-Bahn-Station noch 20 min bergauf nach Hause laufen muss. Aber daraus ist leider nichts geworden. Laut Plan sollte die 742 von der Haltestelle Avenida António José de Almeida in 2 min abfahren. Auch nach 15 min Warten war von meiner Linie jedoch keine Spur zu sehen, während Busse der anderen Linien im Minutentakt vorbeifuhren. Nach weiteren 10 min Warten habe ich dann aufgegeben und doch die U-Bahn genommen.
Am nächsten Tag im Büro stellte sich nach einiger Recherche von meinen Kollegen heraus, dass die Strecke der Linie 742 bereits am 04.07.2017 geändert wurde, die Pläne und Aushänge aber immer noch auf dem alten Stand waren (bzw. noch sind). Und wir haben ja jetzt schließlich schon den 11.10.2017! Wohl ein erneuter Ausdruck der gelassenen Lebensweise der Portugiesen.
Tja, aber wieso habe ich die Information über die Streckenänderung nicht selbst im Internet finden können? Der Grund liegt darin, dass die Carris-Website (eines der Transportunternehmen in Lissabon, s.u.), übrigens genauso wie die Metro-Website, nur teilweise auf Englisch angeboten wird und solche Dinge wie Streckenänderungen dort nur in der portugiesischen Version zu finden sind. Generell halbiert sich der Informationsgehalt dieser Websites, sobald man in die englische Version wechselt und auch der Aufbau kann sich verändern, was zu einigen Verwirrungen führen kann. Wer des Portugiesischen halbwegs mächtig ist, sollte deshalb unbedingt die portugiesischen Versionen der Websites benutzen, was ich seither auch tue. Nur bei Comboios de Portugal ist der englische Webauftritt genauso informativ wie der portugiesische.
Falls ihr also auch eines Tages in Lissabon an einer Bushaltestelle steht und vergeblich auf euren Bus wartet, empfiehlt es sich einfach mal nach “alteração percurso <Busnummer>” (Änderung der Strecke) zu googeln. Die Änderung der Streckenführung der Linie 742 wurde übrigens erst einen Tag vor in Krafttreten auf der Carris-Website bekannt gegeben. Also immer up-to-date bleiben.
Auch kann es vorkommen, dass der Busfahrer den richtigen Abzweig verpasst und deswegen zwei bis drei Bushaltestellen auslässt. Aber da das Haltestellennetz relativ dicht ist und fast überall alle 5-15 min ein Bus kommt, ist das kein großes Problem, wenn auch manchmal etwas ärgerlich.
Die Busse haben hier sowieso keine festen Zeiten, sondern nur geschätzte Intervalle, was vermutlich dem unberechenbaren lissaboner Verkehr geschuldet ist. Jeder Bushaltestelle ist jedoch eine Nummer zugewiesen, mit dessen Hilfe man die genauen Abfahrtszeiten in der nächsten halben Stunde ermitteln kann. Dazu schickt man einfach eine E-Mail an sms@carris.pt mit der Nummer der gewünschten Bushaltestelle im Betreff. In der Regel bekommt man direkt eine E-Mail mit den genauen Abfahrtszeiten der nächsten Busse zurück. Allerdings sind diese auch nur für die nächsten 5 min wirklich genau.
Das Unternehmen, das in Lissabon für den Betrieb der Busse (autocarro), Straßenbahnen (elétrico), Standseilbahnen (ascensor) und Aufzüge (elevador) zuständig ist, heißt Carris. Für die U-Bahnen (metro) ist Metropolitano de Lisboa verantwortlich. Des Weiteren gibt es sogenannte Stadtzüge (comboio urbano), die von Comboios de Portugal (kurz CP) betrieben werden und Fährfahrten über den Tejo werden von Transtejo angeboten. Wer einen Tagesausflug nach Cascais oder Sintra plant, sollte sich über das Busnetz von Scottburb informieren. Dort sind auch extra Routen für Touristen eingerichtet.
Lissabon selbst wird unterteilt in verschiedene Tarifzonen. Karten zum ÖPNV-Netz und den Tarifzonen sind am besten im Webangebot von Carris zu finden. Das Schienennetz der Stadtzüge kann bei CP gefunden werden (hier bzw. hier). Informationen zu den Ticketpreisen gibt es hier und über den Gültigkeitsbereich der verschiedenen Monatskarten (passe mensal) kann man sich hier informieren. Eine kurze Erklärung auf Englisch zur Nutzung von Monatskarten gibt es bei CP.
Grundsätzlich ist es so, dass bei Fahrten mit Carris “on-board” Karten teurer sind als Karten im “Vorverkauf”. D.h., wenn man eine Karte direkt im Bus oder der Straßenbahn kauft, ist sie teurer, als wenn man sie vor Antritt der Fahrt an einem Ticketautomaten zieht. Diese stehen jedoch meistens nur in Metrostationen. Möchte man ein Ticket im Voraus kaufen, braucht man dafür eine Viva Viagem Card, die ebenfalls an den Ticketautomaten zu bekommen ist und einmalig 0,50 € kostet. Sie ist für ein Jahr gültig und kann mit mehreren Tickets der gleichen Art beladen werden. Vor Antritt einer Fahrt mit Carris, der Metro oder den Zügen muss sie validiert werden, indem sie an ein entsprechendes Lesegerät in den Bussen/Straßenbahnen bzw. am Eingang zur Metro gehalten wird.
Für längere Aufenthalte in Lissabon empfiehlt sich natürlich der Gebrauch einer Monatskarte. Davon gibt es verschiedene Varianten, je nachdem welche Tarifzonen mit eingeschlossen werden. Monatskarten werden auf eine Lisboa Viva Card geladen. Diese muss man an einem der Verkaufsstandorte, die meistens in der Nähe von Metrostationen zu finden sind, beantragen. Dazu muss man ein Formular ausfüllen (vor Ort erhältlich) und ein Passfoto sowie seinen Personalausweis mitbringen. Es empfiehlt sich im Formular den Punkt “urgente” (also dringend) anzukreuzen. Dann erhöht sich zwar der Preis der Karte von 7 € auf 12 €, dafür ist sie dann aber auch schon am nächsten Tag am entsprechenden Verkaufsstandort abholbar und nicht erst in 10 Werktagen (also in 2 Wochen!). Nach Erhalt der Lisboa Viva Card kann man sie an den Ticketautomaten mit einer der gewünschten Monatskarte aufladen. Ich würde die “Navegante rede” für 42,65 € empfehlen. Insgesamt können vier verschiedene Arten von Tickets auf die Lisboa Viva Card geladen werden. Sollte man also einmal weiter fahren wollen als es die Monatskarte erlaubt, kann man einfach das erforderliche Ticket dazu kaufen. Noch zwei Hinweiswe zu den Servicestellen: Man sollte nicht davon ausgehen, dass das Personal dort Englisch kann (zumindest nicht am Standort Saldanha). Der internationale Studierendenausweis (ISIC) wird hier in der Regel nicht anerkannt.
Zum Schluss möchte ich euch noch drei praktische Tipps fürs Busfahren mitgeben:
1) Einfach nur an der Bushaltestelle stehen reicht nicht aus, damit ein vorbeifahrender Bus anhält und euch mitnimmt. Man muss einmal kurz die Hand herausstrecken als Zeichen dafür, dass man mitfahren möchte.
2) Wer keinen Wutausbruch des Busfahrers riskieren will, sollte nicht hinten einsteigen und auch nicht im Bus essen.
3) Nur in wenigen Bussen wird die nächste Haltestelle angesagt bzw. angezeigt und an den Bushaltestellen selbst steht der Name meistens nur so klein, dass er von weitem nicht lesbar ist. Man sollte sich also vorher klar machen, wo man aussteigen will.
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