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Stockholm die Zweite

Was für Gründe gibt es, ein Praktikum im Ausland zu machen? Ich bin mir ziemlich sicher, dass jeder, der bereits eins hinter sich hat, darüber stundenlang referieren könnte und letztendlich damit abschließt, es einfach nur zu empfehlen.

Prinzipiell überall und in jedem Bereich. Einfach im Ausland. Erfahrung sammeln und so. Dennoch gibt es einige Gründe, die besonders für Schweden und für die wunderschöne Hauptstadt Stockholm sprechen. Sonst wäre ich ja schließlich nicht hier.

Doch alles der Reihe nach. Was mache ich in Stockholm überhaupt? Ich absolviere logischerweise ein Praktikum, an der Uni Stockholm (SU). Zuallererst muss gesagt werden, dass der Campus eigentlich ganz cool ist. Er besteht aus einer großen Grünfläche um die herum die Universitätsgebäude angesiedelt sind. Mit Glück oder auch einfach meinen bestechenden Fähigkeiten, habe ich im Department of Biochemistry and Biophysics in der Arbeitsgruppe von Gunnar von Heijne einen Praktikumsplatz für zwei Monate ergattert. Das bedeutet, dass ich den größten Teil des Tages im Labor verbringe. Wer selber schon einmal in einem biochemischen Labor war, weiß, dass sich die Einrichtung kaum wirklich unterscheiden wird. Überall gibt es die obligatorischen Geräte und Hilfsmittel, von einer Zentrifuge über einen Abzug bis zu den Inkubatoren. Lustig ist, dass Deutschland zu den Hauptlieferanten solcher Laborgeräte gehört. Bedeutet, dass ich auf vielen Apparaten die Anweisung nicht nur im Englischen lese, sondern auch im Deutschen. Doch da man sich nur auf Englisch unterhält und auch alle Absprachen auf Englisch hält, ist es oft verständlicher das Englische zu lesen.

Die Arbeitssprache in so einem internationalem Labor ist selbstverständlich Englisch. Von den 5 anderen Leuten, die eng mit mir zusammen arbeiten, ist nur eine Person Schwede. Da bietet es sich an, den kompletten Tag nur Englisch zu sprechen. Überhaupt hört man auf den Gängen oder dem Campus sehr viel häufiger Englisch als Schwedisch und gleichzeitig erstaunlich häufig Deutsch. Wie gesagt, die Deutschen lieben Schweden. Für mich war es das erste Mal, dass ich in einem anderen Land im Labor gearbeitet habe. Doch schon nach wenigen Tagen hatte ich überhaupt keine Probleme mit der anderen Sprache mehr. Die ganz simplen Gegenstände hatte man bald im Englischen drauf, vor allem da sich die Begriffe sehr ähnelten. Zum Beispiel Zentrifuge wird zu centrifuge, sowas sollte man sich schon recht schnell aneignen können.

Der erste wichtige Punkt, der für ein Praktikum in Schweden spricht: Die Verbesserung der englischen Sprache. Gerade in den Naturwissenschaften ist es unerlässlich, gutes Englisch zu sprechen und sich vor allem auch wohl dabei zu fühlen. Schweden sprechen wirklich perfektes Englisch (oft eher mit einem amerikanischen anstatt britischen Akzent, darüber sollte man hinwegsehen) und sich auch nicht zu schade dafür sein,  es oft und viel zu sprechen.

Aber eigentlich besteht mein Praktikum nicht daraus, die englische Sprache besser zu lernen. Ich unterstütze eine PhD-Studentin bei ihrer Forschung. Dabei geht es um sogenannte arrest peptides, Peptide die eine Rolle in der Zelldynamik spielen. Genaueres kann ich auch gar nicht mehr dazu sagen, die Ergebnisse sollen bald veröffentlicht werden und da wäre es eher unpraktisch, wenn ich das hier vorweg nehme. Naja, darum geht es auf jeden Fall. Ich habe eine Art eigenes Projekt in diesem größeren Projekt, an dem ich ziemlich alleine arbeite. Natürlich halte ich sehr regelmäßig Absprachen mit meiner Betreuerin und diskutiere auch jedes Ergebnis mit ihr, aber im allgemeinen war ich nach wenigen Tagen zur Eingewöhnung in der Lage, selbstständig die Methoden durchzuführen. Was halt irgendwie auch angenehmer ist, als wenn jemand einem ständig über die Schulter guckt. Im Prinzip wende ich einfach die normalen Methoden an, PCR, Gelelektrophoresen, Klonen, Mini Prep. So etwas in der Art. Da ist man nach wenigen Wochen dann schon sehr bewandert drin.

Was gibt es noch für Gründe in Schweden ein Praktikum zu machen? Die Schweden sind ziemlich verrückt, was den Kaffee angeht: zu jeder Tages- und Nachtzeit trinken sie Liter davon. Sie nennen ihre Kaffeepausen dann Fika. Dadurch ergibt sich, dass es jedem freisteht sich während der Arbeit unendlich viel Kaffee zu holen und mehrmals täglich eine Fika zu machen (traditionell wird zu einer Fika noch Gebäck gegessen). Dabei ist es ganz normal, dass die Kosten vom Arbeitgeber getragen werden. Dass die Arbeitnehmer den Kaffee bezahlen müssen, kommt nicht vor. Also für Kaffeetrinker schon eine perfekte Arbeitsumgebung. Außerdem sehen die Schweden das nicht so eng mit der Pünktlichkeit. Wenn man mal 10 Minuten später kommt, ist das kein Problem, man hat sowieso nicht so wirkliche Arbeitszeiten. Das ist wohl ein Vorteil der Laborarbeit. Du hast deine Aufgaben, wenn die erledigt sind, kannst du auch gehen.

Das ist zumindest ein grober Umriss meiner Tätigkeit hier (ja, ich arbeite auch und bin nicht nur am Kaffee trinken), viel mehr ins Detail kann ich wie gesagt, auch gar nicht gehen. Aber ich denke, dass jeder der schon mal in einem Labor war, sich vorstellen kann wie das so abläuft.

Mein Tipp: Wenn man Lust auf ein Praktikum hat, einfach mal bewerben. Die Schweden sehen das als Interesse an ihrer Arbeit und nehmen immer gerne Unterstützung an. Solange sie also Kapazität haben, werden Praktikanten äußerst gerne eingegliedert. Und da sie selber von ihrem Land ziemlich begeistert sind, raten sie einem, sich bestimmte Orte anzusehen und sind auch bereit, ein Wochenende mal zu verlängern. Also wirklich eine sehr angenehme Arbeitsatmosphäre.

Karoline

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